PanoramaPolitikTopthemaWirtschaft

Künstliche Sonne in der Klimakammer

Firma Regineering in Preith entwickelt Messinstrumente für Lösungen im Klimawandel

„Hidden Champions“ – so nennt man die zahlreichen mittelständischen Unternehmen, die spezielle Nischen besetzen, nicht besonders bekannt, aber in ihrem Bereich oft sogar Weltmarktführer sind. Besonders die deutsche Wirtschaft mit ihrem starken Mittelstand hat viele solcher „versteckten Champions“ zu bieten, die technologisch führend und in ihrer Nische sehr erfolgreich sind. Nicht nur, wenn es nach der Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel geht, gibt es in ihrem Wahlkreis einen solchen auch im Preither Gewerbegebiet: Die Firma Regineering ist in der Tat in verschiedenen Nischenmärkten aktiv und hat sich insbesondere auf Technologien rund um Klimawandel und Klimaforschung viel Renommee erarbeitet. Das Schöne daran: „Wir arbeiten nicht nur an der Messung der Probleme, sondern an Lösungen“, so Gründer Stefan Innerhofer.

Politik in der Klimakammer: Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (2. v. re.) und ihre Parteikollegen Reinhard Brandl (2. v. li.) und Tanja Schorer-Dremel im Gespräch mit Stefan Innerhofer und Ulrich Männl von Regineering. Fotos: Zengerle

Das Licht wirkt noch leicht grünlich, wird allmählich weißer und verbreitet langsam und energieeffizient immer mehr Wärme in dem heruntergekühlten Klimakammer. Immer heller strahlen sie auf die kleine, bewegliche Versuchskapsel mit transparenter Schreibe, durch die das Licht in die beweglich auf Schienen montierte Kapsel dringt – und auf die bayerische Landwirtschaftsministerin: Michaela Kaniber ist gemeinsam mit ihren CSU-Parteikollegen, dem Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl und der Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel, zu Gast und fröstelt noch leicht in der Kältekammer. Mit den gigantischen Strahlern geht langsam die Sonne auf – und genau darum geht es: Die Simulation der Sonne, des Klimas.

Solche Versuchsanordnungen sind gefragter denn je. Dass der Klimawandel längst im Gange ist, daran zweifelt heute kaum mehr jemand: Das wird tagtäglich überall gemessen – auch die Landwirtschaftsministerin klagt im Gespräch über extremeres Wetter: starke Regenfälle etwa in ihrer Heimat im Berchtesgadener Land, während die Bauern in Franken mit Trockenheit zu kämpfen hätten. Wie man damit umgeht und sich darauf einstellt, das ist eine andere Frage, der Wissenschaftler auf der ganzen Welt auf der Spur sind – immer häufiger mit Technologie made in Preith. Draußen auf dem Hof stehen noch elf Container mit spezieller Messtechnik, die an die Universität Antwerpen geliefert werden – mehrere Millionen Euro teurer Hightech für die Agrarklimaforschung.

Großer Platzbedarf: Die Auftragsbücher sind voll, die Kilmakammern zum Teil gewaltig. Regineering braucht in Zukunft noch mehr Raum für seine Messtechnologie für den Klimawandel. Neben der bestehenden Halle wird daher bereits wieder gebaut.

Von Trockenzeit bis Starkregen

Acht weitere stehen am Wissenschaftszentrum in Weihenstephan, sieben gingen an die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, in denen Pflanzenzucht unter verschiedenen Klimabedingungen getestet werden kann. Das Julius-Kühn-Institut in Dresden betreibt in ähnlichen Kammern Züchtungsforschung und testet darin Äpfel, Birnen, Erdbeeren und anderes Obst im Kampf gegen Schaderreger und Klimaveränderungen. Und im Thünen-Institut in Bermerhaven werden in drei salzwasserfesten Präzisionsklimakammern aus Preith Aquakulturen unter verschiedensten Bedingungen getestet. Trockenzeiten, Starkregen, Luftfeuchtigkeit – all das lässt sich individuell simulieren – wenn man Natur und Klima auf der einen Seite und Technik auf der anderen Seite bestens kennt.

Der gigantische Klimakubus, den die Delegation um die bayerische Umweltministerin angesichts der immer stärker werdenden künstlichen Sonne nun verlässt, ist zwar besonders groß und für sich beeindruckend, aber nur eine von vielen individuell an den Bedarf angepassten Klimakammern und Sonderprüfständen, die das Unternehmen inzwischen regelmäßig ausliefert. Meist sind es Universitäten, die damit ihre Forschung an der Klimafront vorantreiben wollen, aber auch Saatgutbetriebe und andere Agrarunternehmen nutzen solche Technologie für ihre Entwicklung. Damit könne man testen, wie sich Kulturpflanzen unter den zu erwartenden Klimabedingungen der Zukunft entwickelten.

Auf der anderen Seite der Halle werden gerade elf baugleiche Schaltschränke – „ausnahmsweise mal so etwas wie Serienfertigung“, sagt Innerhofer grinsend. Wenige Meter weiter brummt ein ein mit Pflanzenöl laufender Motor auf einem eigenen Motorprüfstand vor sich hin. Auch hieran forscht man weiter – schließlich liegen die Wurzeln des Unternehmens im Bereich der Biokraftstoffe. Denn auch hier gelte es, ökologischen Treibstoff und Motor ideal aufeinander abzustimmen.

Weg von Agrardieselsubventionen, hin zum Biosprit – das wünscht man sich auch bei Regineering wie hier mit einem auf Biotreibstoffe umgerüsteten Traktor: Stefan Innerhofer, Gründer von Regineering, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, Bundestagsmitglied Reinhard Brandl und Bezirksrat Reinhard Eichiner.

Draußen auf dem Hof steht auch ein umgerüsteter Traktor, der mit solchem Biosprit läuft. Denn eigentlich kommt das Unternehmen, das 2005 zunächst als Start-up der TU München als refuel GmbH gegründet worden war und anschließend ab 2008 als Ingenieurbüro Duft & Innerhofer seinen Sitz in Denkendorf hatte, aus einem ganz anderen Bereich: der nachhaltigen Mobilität und den Biokraftstoffen – ein Geschäftsfeld, das in den letzten Jahren aufgrund der Rahmenbedingungen schwieriger gewesen sei, so Innerhofer – aber nicht weniger zukunftsträchtig, davon sind er und sein stellvertretender Geschäftsführer Ulrich Männl überzeugt. Der gebürtige Preither war südafrikanischen Unternehmen in Kapstadt tätig war und hatte als Geophysiker unter anderem Erfahrungen auf der Forschungsstation Neumeyer III in der Antarktis gesammelt – also an der ganz extremen Klimafront.

Genau mit solchen Prüfständen, Simulationsverfahren und Klimakammern ist das Unternehmen dann groß geworden. 2016 kaufte man schließlich das mehrere tausend Quadratmeter große Gelände im Preither Gewerbegebiet und errichtete dort Büros und eine Werkhalle – natürlich nachhaltig und aus Holz, wie der gebürtige Südtiroler Innerhofer betont. „Wir sparen hier durch die Bauweise so viel CO2 ein, wie wir in etwa drei Jahren verbrauchen“, sagt er. Bald wird es noch mehr: Inzwischen sind die Gebäude schon wieder zu klein geworden für die inzwischen rund 75 Mitarbeiter und das Auftragspolster. Direkt nebenan wird daher schon fleißig an einer weiteren Produktionshalle gebaut. Die Klimakammern aus Preith sind gefragt: 112 Klimakammern, Samenlager und Kühlräume habe man gebaut, so der Zähler auf der eigenen Homepage. Viele mehr sollen folgen.

Biosprit statt Agrardieselförderung für Bauern?

Doch auch im Bereich der Biokraftstoffe erhofft man sich einen neuen Anlauf – in einem ökologisch und landwirtschaftlich verträglichen Maßstab. Statt Agrardiesel zu subventionieren wie es derzeit durch die Rückerstattung der Mineralölsteuer an die Landwirte geschehe, solle man lieber den Bauern die Möglichkeit geben, selbst ihren eigenen Biokraftstoff herzustellen – ähnlich wie man es mit Flüssigerdgas (LNG) im Schwerlastverkehr tue, das mit einer Mautbefreiung verbunden sei und daher auf großes Interesse stoße, so Innerhofer.

Auf dem Prüfstand: Ein mit Biotreibstoff betriebener Motor im Test bei Regineering.

Es liege nur am politischen Willen. „Die Technik ist längst so weit“, so seine klare Botschaft an die Landwirtschaftsministerin, die verspricht, das Thema weiterzuverfolgen. Die rund 400 Fahrzeuge des eigenen Fuhrpark des Ministeriums und der zugeordneten Behörden wolle man auf Rapsöl umrüsten. Die Biodieselsubventionen jedenfalls könne es wohl nicht auf Dauer geben. Stattdessen will das Ministerium den Universitäten bei der Klimaforschung unter die Arme greifen – vielleicht ja irgendwann mit Technologie aus Preith.

Die großen Pläne gehen Regineering nicht aus: In Österreich gebe es bereits in die Erde versenkte noch größer dimensionierte Anlagen mit integrierten Lysimetern zur Messung des Wasserhaushalts und Stofftransports, wo man auch die Bodenbearbeitung durch Pflügen noch besser simulieren könne, verraten Innerhofer und Männl den hochkarätigen Gästen – die Landwirtschaftsministerin wirkt aufrichtig interessiert. Über die Details müsse man noch einmal vertraulich sprechen, verspricht sie.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"