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Baggerloch statt Funkloch: Mobilfunkmasten in Buchenhüll und Pollenfeld/Walting kommen

Wirtschaftsstaatssekretär Weigert gibt Startschuss für Bau des Mobilfunkmasts in Eichstätt-Buchenhüll

Eichstätt. – Es ist ein tiefes Loch, das da durch massive Baggerarbeiten entstanden ist und dem neuen Funkmast ein stabiles Fundament geben soll. Weit größer aber ist das Funkloch, das sich hier entlang des Eichstätter Ortsteils Buchenhüll und der Jurahochstraße als wichtiger Querverbindung durch den Landkreis Eichstätt hin zur A9 erstreckt. Jetzt wird es durch den neuen Funkmast, für den gerade im Beisein von Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert offiziell der Grundstein gelegt wurde, voaussichtlich im August deutlich kleiner. Und das nächste Projekt wartet bereits nebenan: Die Gemeinden Pollenfeld und Walting haben gerade und gemeinsam Ähnliches beschlossen.

Funkloch geschlossen – das soll ab August für die Gegend um Buchenhüll gelten. Das zeigt der Spatenstich für den Bau des geförderten Mobilfunkmasts im Eichstätter Ortsteil (v.l.): Christian Schilling (Leiter Politischer Kommunikation Vodafone in Bayern), Alois Scherrer (Baufirma Fuchs Europoles), Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert, die Eichstätter Bürgermeisterin Elisabeth Gabler-Hofrichter, Herbert Benker (Planungsbüro Tele-Plan Ingenieurbüro GmbH) und Landrat Alexander Anetsberger. Fotos: Zengerle

„Dass es hier so steinig ist, damit haben wir nicht gerechnet, berichtet einer der Arbeiter, die das mehrere Meter tiefe Loch im steinigen Boden an der Jurahochstraße gegraben haben. Darin seien neben den typischen Jurakalkplatten auch tonnenschwere Findlinge gewesen – ein mehr als solides Fundament also für ein Projekt, das spät kommt, aber dennoch zukunftsträchtig sein soll: Im Zuge des Mobilfunkförderprogramms des Freistaats sollen sich viele weiße Flecken auf der bayerischen Mobilfunkkarte schließen – in diesem Fall nicht nur hier bei Buchenhüll, sondern auch gleich nebenan oberhalb des Kreisverkehrs bei Rapperszell, wo die Gemeinden Pollenfeld und Walting aneinander grenzen und dort gemeinsam einen weiteren geförderten Mobilfunkmasten errichten wollen.

Pollenfeld und Walting: Auftrag für Mobilfunkmast erteilt

Nachdem Sebastian Hauser vom Bayerischen Mobilfunkzentrum, das bei der Regierung der Oberpfalz angesiedelt ist, bereits am 3. März in Pollenfeld zu Gast gewesen war und den Gemeinderat mit seinen Ausführungen überzeugt hatte, hat gestern auch der Waltinger Gemeinderat in seiner Sitzung bereits seine Zustimmung signalisiert: Die beiden Gemeinden wollen direkt im Anschluss an das Funkloch bei Buchenhüll auch die andere Hälfte des weißen Flecks in Sachen Mobilfunkempfang zwischen den Ortsteilen Sornhüll und Rapperszell schließen, wie der Waltinger Bürgermeister Roland Schermer bestätigt: Beide Gemeinderäte hätten dem Mietmodell „Bauauftragsvariante“ zugestimmt, bei dem sie den Mast selbst errichten. Der Auftrag sei mittlerweile auch bereits an ein Ingenieurbüro erteilt. „Neben einer guten Breitbandversorgung ist eine ebenso gute Mobilfunkversorgung, gerade für den ländlichen Raum, mittlerweile ein großer Standortfaktor“, erklärt Schermer. „Daher freue ich mich besonders, dass wir dies interkommunal durch zwei Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Eichstätt auf den Weg gebracht haben.“

Die beiden Masten schließen damit gemeinsam sicher eines der größten und besonders ärgerlichen Funklöcher im Landkreis Eichstätt – wie auch Landrat Alexander Anetsberger weiß. „Ich fahre ja schließlich jeden Tag diese Strecke und muss immer aufpassen, dass ich mein Telefongespräch beendet habe, bis ich hierher komme“, sagt er. Insofern sei er nicht nur als Landrat froh, sondern auch ganz persönlich dankbar, dass sich das nun bald ändere.

„Lückenfüller:“ Die beiden Funkmasten in Buchenhüll und zwischen Sornhüll und Rapperszell (Standort, siehe Grafik rechts) schließen eines der größten und ärgerlichsten Funklöcher im Landkreis an der vielbefahrenen Jurachochstraße (Grafiken 1 und 2). Grafiken: oh

Spätestens im August soll es in Buchenhüll so weit sein: Dann soll der 45 Meter hohe Funkmast stehen und die 5G-Technik ihren Betrieb aufnehmen, wie Christian Schilling, Leiter der Politischen Kommunikation bei Vodafone in Bayern, erwartet – „wenn alles glatt geht“. Gemeinsam mit dem Eichstätter Landrat und der Eichstätter Bürgermeisterin Elisabeth Gabler-Hofrichter war auch der bayerische Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert in Vertretung von Wirtschaftsminister Aiwanger zum offiziellen Spatenstich im Eichstätter Ortsteil gekommen. Der Minister habe wirklich kommen wollen, sagt Weigert. Schließlich sei der Mobilfunkausbau eines seiner Lieblingsthemen.

„Gigabitgesellschaft“ mit Daten als „neuem Öl“

Aber wenn die Zahlen tatsächlich so umgesetzt werden, wie Weigert das beim Ortstermin in Buchenhüll aufzählt, dann hätte der Minister allein mit den Spatenstichen im Freistaat gut zu tun: Seit dem Start des Mobilfunkförderprogramms hätten mehr als 600 der insgesamt 954 Gemeinden, in denen zu Beginn des Programms weiße Flecken auf der Landkarte der Mobilfunkabdeckung im Freistaat identifiziert worden waren, Interesse an einem Funkmast signalisiert. In knapp 470 Fällen habe man dann sogar einen eigenwirtschaftlichen Ausbau auf eigene Rechnung durch ein Mobilfunkunternehmen erreichen können. Schließlich haben sich die Netzbetreiber unter anderem im Zuge der jüngsten Lizenzversteigerungen dazu verpflichtet, auch im ländlichen Raum endlich weiter auszubauen. Durch diesen „Mobilfunkpakt“ seien 1.000 Masten mehr gebaut worden, als gesetzlich vorgesehen, so Weigert. Für rund 140 weitere hätten die Gemeinden inzwischen einen Förderantrag über das Förderprogramm gestellt, bei 92 davon liege der Förderbescheid vor und bei 22 gehe es bereits an die Umsetzung – zu allererst in Buchenhüll: Als erste Kommune erhalte Eichstätt nun einen solchen geförderten Mobilfunkmast, so Weigert.

Die Botschaft ist klar: Es geht voran – endlich. Denn dass die vorhandene Infrastruktur in Sachen Breitbandinternet und Mobilfunk nicht den Ansprüchen des Freistaats als führendem Wissenschafts- und Technologiestandort entspricht, beschönigt auch Weigert natürlich nicht. Es gebe noch viel zu tun auf dem Weg in die „Gigabitgesellschaft nach dem Öl“, in der Daten das „neue Öl“ seien, wie er sagt – auch mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen rund um den Ukraine-Krieg.

Förderprogramm gegen „Marktversagen“

Das Mobilfunk-Förderprogramm, das im Dezember 2018 beschlossen und 2019 gestartet war, schließe Funklöcher dort, wo der Ausbau durch die Netzbetreiber unterbleibe. „Unsere Bemühungen zeigen Wirkung. Allein in den vergangenen beiden Jahren sind über 10.000 Funkmasten in Bayern ausgebaut oder neu installiert worden“, berichtet Weigert. „Wir beseitigen konsequent die weißen Flecken in der Netzversorgung“, verspricht er vollmundig. Der Staat wolle zwar nicht in freie Märkte eingreifen. Hier aber habe es ein „Marktversagen“ gegeben, das der Freistaat durch das in dieser Form einzigartige Förderprogramm nun nachbessere – mit insgesamt rund 130 Millionen an Fördersumme. Ein Teil davon fließt nun nach Eichstätt und wohl auch Pollenfeld und Walting: Rund 80 Prozent der Kosten bis zu einer Summe von 500.000 Euro werden gefördert. In Buchenhüll könne man mit rund 380.000 Euro an Kosten rechnen, heißt es. 20 Prozent davon muss die Stadt Eichstätt tragen – allerdings nur als eine Art „Vorfinanzierung“, wie Andreas Spreng, bei der Stadt Eichstätt zuständig für Mobilfunk und Breitbandinternet, erklärt. Denn letztlich werde man für den Masten Mietgebühren bekommen und ihn nach etwa sieben Jahren so verkaufen können, dass man dabei zumindest auf seine Kosten komme.

Das sonst so beschauliche Eichstätt ist diesmal „Pionier“, wie auch Weigert in seiner Rede sagte. Dass man hier „Vorreiter“ sei, wie die Eichstätter Bürgermeisterin Elisabeth Gabler-Hofrichter sagt, liege auch daran, dass man selbst  sowohl Grundstückseigentümer, als auch Genehmigungsbehörde sei – und dass es hier im Eichstätter Ortsteil eben nicht wie andernorts massiven Bürgerproteste gegeben habe. Jedenfalls nicht gegen den aktuellen Standort. Denn ursprünglich war auch ein anderer Standort im Dorfkern bei Feuerwehrhaus und Gemeindezentrum angedacht gewesen, dann aber aufgrund durchaus scharfer Reaktionen schnell wieder verworfen worden.

„Da werden plötzlich alle zu Mobilfunk- und Strahlungsexperten“

Man müsse bei solchen Genehmigungsverfahren dennoch schneller werden, mahnte Landrat Alexander Anetsberger in seiner Ansprache. Damit meinte er einerseits bürokratische Prozesse, die sich in Deutschland oft lange hinzögen. Aber andererseits auch die Haltung vieler Bürger, die zwar einerseits eine hochwertige Infrastruktur forderten, aber andererseits nicht bereit sein, dafür selbst auch nur kleinste Beeinträchtigungen in Kauf zu nehmen. „Da werden plötzlich alle zu Mobilfunk- und Strahlungsexperten“, sagt er über vermeintlich allzu mündliche Bürger – und mahnte damit letztlich mehr Solidarität an. Er selbst habe als Beilngrieser Bürgermeister vor Jahren ähnliche Projekte angestoßen, die immer noch nicht umgesetzt seien.

In Buchenhüll immerhin hat es dann doch relativ schnell geklappt: Mit dem neuen Standort habe man sich schnell anfreunden können, wie der Eichstätter Stadtrat und Buchenhüller Ortssprecher Christian Alberter gegenüber Ei-Live bestätigt. Er freue sich sehr, dass der Ortsteil nun endlich vernünftiges Internet habe – als Feuerwehrler aber auch, dass im Affental, wo es schon häufiger zu Verkehrsunfällen gekommen sei, nun endlich auch das Handy funktioniere.

Baggerloch statt Funkloch: Bald steht hier ein Funkmast, der noch im August in Betrieb gehen könnte – zur Freude der Autofahrer auf der Jurahochstraße nebenan.

Dazu wird auch der zweite Mobilfunkmast in der Nachbarschaft an der Anhöhe oberhalb des Kreisverkehrs bei Sornhüll beitragen. Neben den rund 280 Buchenhüllern und weiteren Anwohnern in der Umgebung bekämen damit rund 600 bis 800 weitere Einwohner vernünftigen Empfang, so Schermer. Er wisse von einer Sitzbank in der Gemeinde, wo sich immer wieder Jugendliche getroffen hätten, um mit ihren Freunden zu chatten, weil es dort eben vernünftigen Empfang gebe. Der große Vorteil der interkommunalen Zusammenarbeit mit der Gemeinde Pollenfeld sei zudem, dass man nur einen Masten mit Zuwegung und Stromversorgung benötige. „Zudem muss nicht jede Gemeinde die 20 Prozent Eigenanteil finanzieren, sondern jede Gemeinde nur zehn Prozent.“

6G und Hologramme bereits in Arbeit

Während hier also der Mast für die 5G-Technologie gebaut wird, die in den nächsten Jahren auch viele  Produktionsprozesse der Industrie 4.0 steuern helfen soll und auch für das autonome Fahren mit großen Datenmengen gebraucht werden wird, sei man im Freistaat längst dabei, am nächsten Mobilfunkstandard zu arbeiten, so Weigert: 6G. Denn im Zeitalter nach dem Öl, seien Daten das „neue Öl“. Der Freistaat Bayern wolle und müsse auch in Zukunft technologisch und in der Forschung führend sein. Dafür brauche es aber auch die entsprechende Infrastruktur, so Weigert. In der Landeshauptstadt werde die 6G-Technologie etwa an der TU München bereits erprobt. In Zukunft, so Weigert, werde man dann irgendwann kein Handy mehr benötigen, sondern könne über Hologramme an einer Smart Watch am Handgelenk kommunizieren, verrät er aus Einblicken in den Forschungslaboren.

Bis dahin wird nicht nur in Buchenhüll einige Zeit vergehen. Aber immerhin: „Mit dem Spatenstich heute macht Eichstätt in Sachen Modernisierung einen riesigen Sprung in die richtige Richtung. Die Schließung der weißen Flecken in der Mobilfunkversorgung ist eine der wichtigsten Bausteine für die Weiterentwicklung eines zeitgemäßen und attraktiven Arbeits- und Wohnortes“, sagt Elisabeth Gabler-Hofrichter – und ist sich darin auch voll und ganz mit Roland Schermer einig: Dabei gehe es auch um Arbeitsplätze und darum, den ländlichen Raum gerade für junge Menschen attraktiv zu halten. Schließlich könne das in Zeiten des Homeoffice auch eine Chance sein.

Der mobile Datenverkehr wachse auch in Bayern rasant, bestätigt Christian Schilling, dessen Arbeitgeber Vodafone möglicherweise auch den Betrieb des Pollenfelder-Waltinger Funkmasten übernehmen werde, wie er sagt – die Alternative wäre nach den Informationen aus den Gemeinderatssitzungen Telefonica. Nutzen können den Masten dann aber auch jeweils andere Netzbetreiber. Im Vodafone-Netz wachse der Datenverkehr mit einer jährlichen Steigerungsrate von aktuell mehr als 25 Prozent, bestätigt Schilling. „Dieser starken Nachfrage der Bevölkerung tragen wir und alle Beteiligten Rechnung, indem – wie hier in Eichstätt-Buchenhüll – Funklöcher geschlossen und mobile Datenautobahnen ausgebaut werden.“

Dass das nicht schon früher passiert sei, liege einfach daran, dass es gerade in wenig besiedelten Gebieten kaum rentabel sei, Funkmasten zu errichten, die jeweils mindestens 250.000 Euro kosteten – oft auch das Doppelte oder mehr. Auch wenn das nun spät passiert – inzwischen kommt wohl tatsächlich Bewegung in die Sache: In Bayern versorgen die Mobilfunknetzbetreiber nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium inzwischen über 99 Prozent der Haushalte mit LTE, 90 Prozent hätten bereits Zugriff auf den modernsten Standard 5G. Und auch entlang der Autobahnen und ICE-Strecken komme man voran, so Weigert – und nun auch entlang der Jurahochstraße bei Eichstätt.

Ein weißer Fleck weniger

 

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