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„Tanzen ist mein Leben“: Ukrainische Choreographin will nach Flucht Eichstätter Studierende unterrichten

Tanzlehrerin Daryna Fadieieva musste aus Charkiw fliehen und ihre Tanzschule zurücklassen

Eichstätt. – Sie hatte sich einen Traum verwirklicht: ihre eigene Tanzschule. Doch nun ist die „Dancing Diamonds School“ in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, ein Schutzraum für die von Bomben und Raketen bedrohten Menschen. Und Tanzlehrerin Daryna Fadieieva ist vor dem Krieg nach Deutschland geflüchtet. In Eichstätt will sie ihre Leidenschaft an Studierende weitergeben. Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) hat kurzfristig eine Möglichkeit geschaffen, die 22-jährige Ukrainerin als Praxisdozentin in der Lehre des Fachbereichs Sport einzubinden.

Aus Charkiw nach Eichstätt: Daryna Fadieieva, Tanzlehrerin aus der Ukraine, wird im Sommersemester an der KU als Sportdozentin lehren. Fotos: Christian Klenk/upd

Der Sport hat schon immer das Leben von Daryna Fadieieva geprägt. Erst Schwimmen und Akrobatik, dann Radsport, wo sie unter anderem ukrainische Meisterin wurde. Doch ihre wahre Leidenschaft war schon immer das Tanzen. Mit vier Jahren begann Daryna klassische Gesellschaftstänze zu lernen. Inzwischen hat sie sich spezialisiert auf den Tanzstil „Jazz Funk“, eine Mischung von Bewegungen und Schritten des klassischen Jazztanzes mit Elementen aus Hip-Hop und Funk. Und „High Heels Dance“ – also das Tanzen auf Stöckelschuhen. Als sie 17 war, begann sie, Tanzunterricht für Kinder an einer Schule zu geben, zwei Jahre später wurde sie Choreographin an der größten Tanzschule ihres Heimatlandes, dem „Ukraine All Stars Dance Center“. Vor einem Jahr schließlich eröffnete Fadieieva ihre eigene Tanzschule und unterrichtete seither Kinder und Jugendliche. Parallel dazu absolvierte sie ein Bachelorstudium im Bereich Technisches Übersetzen und begann mit einem Masterstudium im Fach Marketing.

„Wir alle hatten furchtbare Angst“

Dann brach plötzlich der Krieg aus. Die Stadt Charkiw liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt und gehörte zu den ersten Zielen der Angriffe. Bis heute verläuft dort die Front der russischen Invasion, die Stadt ist täglich den Kämpfen ausgesetzt. Der Lärm der Explosionen von Bomben und Raketen gehen der jungen Frau bis heute nicht aus dem Kopf. Als es vor wenigen Tagen abends ein Gewitter gab, kamen die Erinnerungen wieder hoch. Sie flüchtete zunächst zu den Großeltern in einen Vorort, dann mit dem Zug aus dem Land. „Wir waren mehr als zwei Tage lang unterwegs bis zur polnischen Grenze. Nachts ist der Zug ganz langsam gefahren, damit man ihn nicht hört. Die Fenster mussten verdunkelt, die Handys ausgeschaltet werden. Wir alle hatten furchtbare Angst.“

Vater und Großeltern immer noch in Charkiw

Darynas Fadieievas Mutter ist mit ihren beiden jüngeren Geschwistern nach Polen geflüchtet, ihr Vater und die Großeltern sind nach wie vor in Charkiw. Sie selbst kam nach fünftägiger Flucht nach Eichstätt – eine gute Freundin lebt hier. „Ich möchte so schnell wie möglich Deutsch lernen“, sagt sie. Sie hat sich bei einer Sprachschule angemeldet, die von den Eichstätter Maltesern und Studierenden der KU organisiert wird. Auf diese Weise kam der Kontakt zur Universität zustande.

Das Sportzentrum der KU war sofort von der Idee begeistert, die Choreographin als Übungsleiterin für einen Tanzkurs im Allgemeinen Hochschulsport einzusetzen und sie als Praxislehrkraft in einer Lehrveranstaltung für angehende Grund- und Mittelschullehrer einzubeziehen. Gemeinsam mit der Akademischen Rätin Christina Gscheidl wird Fadieieva im Sommersemester den Kurs „Gymnastik und Tanz II“ übernehmen. „Ich bin mir sicher, dass dies für alle ein großer Gewinn sein wird“, sagt Gscheidl.

Tanzen als Sprache

„Daryna kann ihrer großen Leidenschaft nachgehen, jungen Menschen das Tanzen beizubringen, und gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse ausbauen. Und die Studierenden können auf diese Art weitere Tanzrichtungen kennenlernen.“ Daryna blickt den Kursen mit Spannung entgegen: „Ich bin so glücklich, dass ich meine Fähigkeiten und meine Kreativität mit den Studierenden aus Eichstätt teilen kann.“ Leidenschaft ist schließlich international – und Tanzen als Ausdrucksform ja auch eine Art Sprache.

Quelle
upd
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