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Geballte Information und ein Antrag, der keiner war: Bürgerversammlung in Eichstätt

OB und Stadtverwaltung informieren über wichtige Themen und Projekte in diesem und kommenden Jahr

Eichstätt. – Am Ende wurde es dann doch ein wenig turbulent im Rahmen einer ansonsten sachlich-informativen Eichstätter Bürgerversammlung im Alten Stadttheater gestern Abend. Geballte Information über vier Stunden zu verschiedensten Projekten wie der Pfahlstraßensanierung, dem geplanten Nahwärmenetz oder dem weiteren Fahrplan für die Umgestaltung der Altmühlauen standen dabei auf dem Programm – aber auch das Thema Energiekrise und die geplanten Unterstützungmaßnahmen der Bundesregierung, über die Stadtwerkechef Wolfgang Brandl informierte. Im Rahmen der anschließenden Diskussion und Fragerunde waren es vor allem Fragen zum Thema Verkehr, die die Bürger beschäftigten – und Diskussionen rund um den „Antrag“ eines Bürgers, der zum Schluss doch noch für Aufregung sorgte.

Gut zu lachen und viel zu erzählen hatten Oberbürgermeister Josef Grienberger und die Vertreter der Stadtverwaltung und der Stadtwerke bei der Bürgerversammmlung gestern Abend in Eichstätt – nur beim Thema Energiekrise und bei einem kritischen Beitrag am Ende gab es ein paar Sorgenfalten. Fotos: Zengerle

Diesen Vorwurf wollte Oberbürgermeister Josef Grienberger dann doch nicht auf sich sitzen lassen: Ein Bürger hatte ihm und der Stadtverwaltung gegen Ende der Bürgerversammlung mangelnde Kommunikation und Gesprächsbereitschaft insbesondere rund um die Gestaltung der Pfahlstraße, von der er und andere anliegende Geschäftsleute betroffen seien, und die Belebung der Innenstadtbelebung vorgeworfen und forderte in einem „Bürgerantrag“, dass es hier eine bessere Kommunkation und eine eigene Bürgerversammlung mit echtem Dialog zum Thema Innenstadtbelebung geben müsse.

Man habe zahlreiche Möglichkeiten der Bürgterbeteiligung zu den verschiedensten Themen immer angeboten, entgegnete das Eichstätter Stadtoberhaupt – und eine andere Geschäftsfrau und Vermieterin pflichtete ihm, auch wenn man sich immer mehr wünschen könne, bei. Die Stadt sei nicht für alles verantwortlich, aber man tue sehr viel und habe auch keine Verödung der Innenstadt, und die Großstadt Ingolstadt plane jetzt ähnliche Maßnahmen, wie sie Eichstätt längst habe.

„Wenn ich mit jedem Bürger so viele persönliche Gespräche führen würde, hätte ich wohl kaum mehr Zeit, meine eigentliche Arbeit zu machen“

Oberbürgermeister Josef Grienberger zur Kritik eines Geschäftsmannes,
er kommuniziere zu wenig mit ihm.

Man sei im Rathaus immer gesprächsbereit und nicht nur, aber auch er selbst habe mit allen Beteiligten auch ganz besonders mit eben jenem Kritiker selbst in kurzer Zeit vier, fünf persönliche Gespräche zu dem Thema gehabt, so der OB zunächst nüchtern und sachlich, nach einer guten Viertelstunde weiterer Vorwürfe dann aber auch ein wenig genervt zu dem „Antragsteller“, der sich nicht namentlich vorstellte und dessen Name deshalb aus Datenschutzgründen nicht genannt werden soll. „Wenn ich mit jedem Bürger so viele persönliche Gespräche führen würde, hätte ich wohl kaum mehr Zeit, meine eigentliche Arbeit zu machen“, so Grienberger. Zudem habe er von ihm innerhalb von rund einem Jahr geschätzt rund 40 bis 60 E-Mails erhalten, von denen er auch einen Großteil beantwortet habe.

Auch inhaltlich werde von Seiten der Stadt und des Stadtrats vieles unternommen, und zudem gebe es auch schon aus rechtlichen Gründen auch gar keine Möglichkeit, keinen Antrag zu stellen, sondern lediglich eine Empfehlung an den Stadtrat, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Darüber konnten die Anwesenden, die sich zu Beginn per Ausweis als Eichstätter Bürger ausweisen konnten, am Ende auch per einer gelben Karte, die sie hochhalten konnten, abstimmen. Der „Antrag“ wurde von den Anwesenden abgelehnt.

Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sich der Festsaal im Alten Stadtteater bereits etwas geleert. Zuvor aber war das Interesse an der Bürgerversammlung durchaus groß und die Stimmung gelassen und gut. Auch online nutzten viele Bürger die Möglichkeit, per Livestream dabei zu sein und auch über eine App oder per E-Mail Fragen zu stellen. Viele der Fragen bezogen sich auf das Thema Verkehr wie etwa Parkplätze oder Fahrradverkehr, aber auch das geplante neue Nahwärmenetz der Stadt und den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Wachsende Bevölkerung, solide Finanzen, wachsende Investitionen

Im Mittelpunkt aber stand geballte Information über die vielen Projekte der Stadt in den letzten Jahren, die Grienberger und Stadtwerkechef Wolfgang Brandl vorstellten. Erfreulich sei die Bevölkerungsentwicklung: Die Stadt sei um rund 500 Bürger auf inzwischen fast 14.000 Einwohner angewachsen – 13.926 waren es laut der jüngsten Statistik ganz genau. Das sei auch im Hinblick auf die Schlüsselzuweisungen, also Geldr, die die Stadt erhält und die sich nach der Einwohnerzahl richten, und damit auf die Stadtfinanzen wichtig, so Grienberger. Die Kassenlage habe sich aber schon in den letzten Jahren trotz Corona recht positiv entwickelt – und das, obwohl die Steuerkraft der Stadt auch weiterhin aufgrund eines Mangels an größeren Unternehmen weit unter Landesdurchschnitt liege und die Stadt daher nur relativ geringe Gewerbesteuereinnahmen habe. Die Schulden seien trotz Corona in den letzten Jahren auf 3,54 Millionen im Jahr 2021 gesunken, würden aber durch die großen Investitionen in diesem (Schuldenstand 2022: 7,17 Millionen Euro) und in den Folgejahren wieder ansteigen.

Viel zu berichten hatten OB Josef Grienberger und Stadtwerkechef Wolfgang Brandl über die Projekte in der Stadt – von steigenden Einwohnerzahlen (Grafik Mitte) über das geplante Nahwärmenetz (links), bis zum Gewerbegebiet Lüften West (Bild rechts) oder die Solidarität mit der Ukraine.

Ursächlich seien gößere Baumaßnahmen wie der Neubau des Herzogstegs, der Rathausumbau, der Kindergartenneubau auf dem Seidlkreuz und andere Projekte, die allesamt in diesem Jahr abgeschlossen worden waren. Auch beim Thema Wohnraum sei man über die städtische Wohnungsbaugesellschaft in der Eichendorffstraße tätig gewesen und habe 9,5 Millionen Euro investiert und damit 30 Wohnungen im einkommensgeförderten Bereich geschaffen. Die „Park&Kiss“-Parkplätze am Bahnhof und der Waisenhausparkplatz am Friedhof seien neu gestaltet worden – ebenso das Feuerwehrhaus im Ortsteil Wasserzell, dem nun der Neubau des Feuerwehrhauses in Buchenhüll folgen soll, so Grienberger, der zudem mehrere weitere kleinere Maßnahmen in Kürze vorstellte.

Wichtig für die Stadt sei auch das neue Gewerbegebiet Lüften West, dessen Erschließung nun abgeschlossen sei und das sich nun in der Vermarktung befinde, berichtete Wolfgang Brandl, der anschließend auch über den Neubau der Pfahlstraße informierte. Hier laufe alles nach Plan. Der erste Bauabschnitt soll noch in diesem Jahr abgeschlossen sein, der zweite möglichst im Februar 2023 beginnen und Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein. Zudem informierte Brandl über die Kanalbefahrung im Stadtgebiet, die Verlegung einer Gasleitung im Spühlborverfahren unter der Altmühl hindurch sowie die Sanierungsarbeiten und die Integration einer neuen Trafostation in einer ehemaligen Scheune an der Westenstraße. Damit könne nun auch die Vermarktung des anliegenden Geländes des FÜW-Geländes beginnen, wo mehrere Gebäude mit rund 30 neue Wohneinheiten entstehen sollen.

Nahwärmenetz bis Altmühlauen

Anschließend präsentierte Brandl den Stand des regenerativ gespeisten geplanten Nahwärmenetzes, das im Verbund mit Freistaat, Kirche, Universität und Stadt etwa 45 historische Liegenschaften im Stadtkern mit erneuerbarer Energie versorgen und dabei durch den Einsatz regenerativer Energien wie Wärmepumpen und BHKWs mit Biomethan oder Power-to-heat-Technologie rund 1.530 Tonnen CO2-Ausstoß einsparen soll. Zudem würden im Stadtgebiet auch weitere Investitionen in erneuerbare Energien vorangetrieben, etwa eine PV-Anlage sowie das Projekt des „Windparks Eichstätt“ bei Buchenhüll der Firma Primus Energie aus Regensburg mit 20 Megawatt Leistung sowie eine Freiflächen-PV-anlage in Wimpassing mit fünf Megawatt Leistung, die über die Energieallianz Bayern – einen Zusammenschluss bayerischer Stadtwerke, darunter auch der Stadtwerke Eichstätt – errichtet werden soll. Darüber hinaus informierte Brandl über die Neuvergabe der Verkehrsleistung der Stadtlinie Eichstätt sowie den Stand beim neuen Gewerbegebiet Blumenberg West, wo 150 Bewerbungen eingegangen seien.

Rede und Antwort standen auf dem Podium (von links): Wolfgang Brandl (Stadtwerke), OB Josef Grienberger, Karl Zieglmeier (Ordnungsamt), Jens Schütte (Bauamt), Herbert Rehm (Kämmerei), Andreas Spreng (Zentrale Angelegenheiten).

Anschließend warfen Grienberger und Stadtbaumeister Jens Schütte noch einmal einen Blick auf die Neugestaltung der Altmühlauen, für die derzeit die Vorplanungen und die Gespräche wegen des Gastronomiekonzepts liefen, wie Schütte erklärte. Viele weitere Projekte von der Burgbeleuchtung über den neuen Göpfertsteg wurden im Rahmen der umfassenden Präsentation mit 120 Folien jeweils kurz erläutert – ebenso externe Großprojekte wie die Generalsanierung der Universität, der Neubau des zweiten Dienstleistungszentrums des Landkreises in Eichstätt, die Sanierung und Umbauten im Dom und auf der Willibaldsburg, das neue Wirtschaftsgebäude der Bereitschaftspolizei oder die laufende Generalsanierung sowie der Erweiterungsbau und die Einrichtung der Tagespsychiatrie an der Klinik Eichstätt. Die Neuaufstellung der VHS durch den Verbund mit der VHS Ingolstadt, Tourismus, Umweltagenda und manches mehr standen auf dem Programm, bevor es schließlich um schmerzhaftere Themen ging: höhere Park- und Wassergebühren, die durch entsprechende Vorgaben nun neu kalkuliert werden müssten und das Thema Energie.

Gas-Soforthilfe bereits im Dezember

Zwei gelbe Karten gab es von OB Grienberger und hier rechts im Vordergrund von einem Teilnehmer im Saal gegen den „Antrag“ eines Bürgers.

Die Energiekrise, in der Deutschland sich definitiv befinde, habe ihm schon die eine oder andere schlaflose Nacht beschert, versicherte Brandl. Aber man werde das Thema meistern, und der Gesetzgeber habe wichtige und richtige Weichen gestellt, indem er zum Beispiel als Sofortmaßnahme die Abschlagszahlung im Dezember für die Gaskunden auch der Eichstätter der Stadtwerke übernehme. Der Bürger müsse hier nichts tun, sondern werde automatisch von den Stadtwerken entlastet, die das Geld dann vom Bund erstattet bekämen.

Wie die weiteren geplanten Maßnahmen wie etwa die Entlastung von kleineren und mittleren Unternehmen oder die Gas- und Strompreisbremsen im Detail umgesetzt würden, sei derzeit noch nicht im Detail klar, so Brandl, der aber auch keinen Zweifel daran ließ, dass die Stadt und alle Bürger die Situation gemeinsam bewältigen würden. Die Stadt Eichstätt jedenfalls habe bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um den Energiebedarf zu senken, erklärte Grienberger, ehe es nach einer zehnminütigen Pause mit den Fragen und der Möglichkeit zur Diskussion weiterging.

Es folgte nach rund zweieinhalb Stunden geballter Information eine Fülle an Fragen. Die reichten neben den Verkehrsthemen unter anderem vom laufenden Glasfaserausbau bis hin zu Kindergartenplätzen oder der Frage, wie die Bekämpfung von Ratten in der Stadt funktioniere. Und dann kamen noch einmal rund 25 Minuten rund um die Diskussion um jenen „Antrag“, der am Ende allerdings abgelehnt wurde. Transparenz sei wichtig, koste aber leider auch Zeit, so OB Grienberger, der sich für die Geduld und das Engagement der Bürger im Stadttheater und im Online-Livestream bedankte. Man werde sich aber bemühen, ähnliche Veranstaltungen in der Zukunft zeitlich zu straffen, nahm er eine kritische Anregung aus dem Publikum auf. „Ich hoffe, es war nicht die längst Bürgerversammlung bisher“, sagte er grinsend. „Aber wir machen einfach viel“, warb der OB. Davon konnten sich auch die Teilnehmer der Bürgerversammlung überzeugen – auch wenn es zumindest einem Teilnehmer nicht genug war.

Die Bürgerversammlung in voller Länge gibt es hier im Youtube-Video zu sehen:

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