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Adveniat zu Migration in Lateinamerika: Gast aus Panama im Bistum

Jesuitenpater Marco Tulio Gómez berichtet über Migrantenschicksale in Lateinamerika

Eichstätt/Wendelstein. – Schon als Kind hat er Bürgerkrieg, Gewalt und Vertreibung erlebt: Pater Marco Tulio Gómez vom Jesuitenorden in Panama besucht im Rahmen der diesjährigen Weihnachtsaktion von Adveniat das Bistum Eichstätt. Bei Vorträgen in Eichstätt und Wendelstein spricht er über Migration in Lateinamerika und stellt ein von ihm geleiteten Hilfsprojekt vor.

Pater Gomez Marco Tulio Gómez beim Besuch einer Migrantenfamilie in Panama-Stadt. Foto: Florian Kopp/Adveniat

Als Marco Tulio Gómez ein Kind war, tobte in seiner Heimat Guatemala ein grausamer Bürgerkrieg. Vier Mitglieder seiner Familie wurden entführt und gefoltert, der Pfarrer seines Dorfes ermordet. Geprägt von dieser leidvollen Erfahrung, widmet Padre Marco sein Leben Menschen, die bis heute in Lateinamerika vor Unrecht, Elend und Gewalt fliehen – in die Fremde und in eine ungewisse Zukunft. Heute leitet er in Panama-Stadt die Organisation „Fe y Alegría“ („Glaube und Freude“), einen gemeinnützigen Verein der Jesuiten, der Flüchtlinge und Migranten unterstützt, die in Panama bleiben wollen oder sich auf der Durchreise in Richtung USA befinden.

Fe y Alegría (FyA) leistet mit ihrem „Jesuiten-Flüchtlingsdienst“ Soforthilfe am Ausgang der Route des Daríen-Dschungels und unterhält zwei Migrantenunterkünfte in Panama-Stadt. Durch integrale Bildungsangebote soll vor allem alleinerziehenden Frauen mit minderjährigen Kindern, die 70 Prozent der vom Projekt begleiteten Migranten ausmachen, geholfen werden, den Unterhalt ihrer Familien zu sichern. Außerdem leistet FyA juristischen Beistand bei der Regelung des Migrantenstatus und zur Integration in die Gesellschaft.

Die Situation in Panama lenkt den Blick auf das Thema der diesjährigen Adveniat-Aktion „Flucht trennt. Hilfe verbindet“. Darüber spricht Pater Tulio Gómez am Montag, 4. Dezember, um 17 Uhr bei einem Workshop an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Am Dienstag, 5. Dezember, feiert er um 7 Uhr die Rorate-Messe in der Katholischen Hochschulgemeinde Eichstätt mit und frühstückt dort mit Studierenden. Anschließend fährt der Adveniat-Gast nach Wendelstein, wo ein Besuch im Gymnasium sowie ein Vortrag um 19 Uhr im Pfarrheim auf dem Programm stehen.

Flucht durch den Daríen-Dschungel

Laut Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, kamen Ende 2022 fast 20 Prozent der weltweit geflüchteten und vertriebenen 110 Millionen Menschen aus Latein- und Mittelamerika. Männer, Frauen und Kinder flüchten vor Verfolgung, Gewalt und Perspektivlosigkeit. Politische Krisen wie in Venezuela und Nicaragua verstärken die soziale und wirtschaftliche Misere. Mangelnde Lebensmittelversorgung, ein zusammengebrochenes Gesundheitssystem und die steigende Kriminalität treiben die Menschen zur Flucht.

Viele Migranten machen sich zu Fuß auf den Weg nach Nordamerika durch den Darién-Dschungel, der die natürliche Grenze zwischen Panama und Kolumbien bildet. Foto: Jonas Brander/Adveniat

Viele Menschen flüchten zuerst in die Nachbarländer innerhalb Südamerikas, doch auch dort ist oft keine Verbesserung möglich, und so ziehen sie weiter gen Norden. Hinzu kommt, dass globale Krisen wie die Corona-Pandemie und zuletzt der Ukraine-Krieg zu enormen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energiekosten in Lateinamerika geführt haben. Auch der Klimawandel und seine Folgen führten dazu, dass Menschen vor allem in Nicaragua und Honduras ihre Existenz verloren.

„Menschen flüchten auf unterschiedlichste Weise: Manche können sich Flugtickets leisten, die meisten aber müssen den langen Weg zu Fuß gehen“, berichtet Adveniat. Der Darién-Dschungel, die natürliche Grenze zwischen Panama und Kolumbien, wurde nach Angaben des Hilfswerks in der ersten Hälfte dieses Jahres von fast 200.000 irregulären Migranten durchquert – so vielen wie noch nie. Das entspreche einem Anstieg um 400 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Seitdem die EU-Grenzen 2015 dicht gemacht wurden, kommen viele Geflüchtete in Lateinamerika auch aus afrikanischen Ländern. Sie reisen nach Ecuador ein, da die dortigen Einreisebestimmungen als sehr liberal gelten, und versuchen dann weiter in die USA zu gelangen. Laut Adveniat haben 7,1 Millionen Migranten aus Venezuela inzwischen ihre Heimat verlassen, was den größten Exodus in der jüngeren Geschichte Lateinamerikas darstellt.

Millionen Vertriebene, kaum Perspektive

In Mittelamerika kommen als Fluchtgründe Gewalt und Verfolgung durch kriminelle Banden, die Menschen entführen, bedrohen und töten, hinzu. In dessen Folge leben allein in Kolumbien mehr als 6,8 Millionen Binnenvertriebene. Drei Länder beherbergten 2022 die größte Anzahl von Flüchtlingen und anderen Personen, die internationalen Schutz benötigen, in der Region: Kolumbien (2,5 Millionen Menschen), Peru (976.400) und Ecuador (555.400). An der südlichen US-amerikanischen Grenze zu Mexiko kommen jedes Jahr hunderttausende Asylsuchende und Migranten an – alle mit der Hoffnung, im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ein sicheres Leben führen zu können.

Aufgrund seiner geographischen und wirtschaftlichen Lage ist Panama seit Langem Transit-, aber auch Zielland für Migranten. Schätzungsweise 700.000 bis 900.000 der in Panama lebenden Geflüchteten haben einen ungeregelten Aufenthaltsstatus. Angesichts des zuletzt hohen Migrationsaufkommens koordiniert die Zentralamerikanische Provinz der Jesuiten zwischen ihren diversen Institutionen Maßnahmen zur Prävention, Begleitung, Schutz und zur Durchführung integraler Hilfen. In Panama arbeitet Fe y Alegría sowohl in Panama-Stadt als auch in der Nothilfe am Darién-Ausgang. Im Jahr 2023 sollen mindestens 1.800 Migranten erreicht werden. Es handelt sich vorwiegend um solche aus Venezuela, Kolumbien und Nicaragua, die in Panama bleiben, überwiegend Mestizen, aber auch viele Afrokariben (aus Kolumbien und Nicaragua). Durch die Adveniat-Förderung konnten bisher 1.300 Personen zudem humanitäre Nothilfe erhalten.

Weitere Informationen zur Weihnachtsaktion von Adveniat sowie die Möglichkeit zu Online-Spenden gibt es unter: www.adveniat.de.

Quelle
pde
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