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Freude am Helfen in der Gemeinschaft: Was das Ehrenamt im Katastrophenschutz trägt

Die diesjährige Flutkatastrophe in Deutschland hat den großen Stellenwert von ehrenamtlichen Kräften für die Organisationen des Katastrophenschutzes vor Augen geführt. Doch was treibt die Menschen zu ihrem Engagement an und wie lässt sich auch in Zukunft Nachwuchs für diesen gesellschaftlich so relevanten Bereich gewinnen? Dies hat das Team der Professur für Sozial- und Organisationspsychologie (Prof. Dr. Elisabeth Kals) der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) für das Ministerium des Innern von Nordrhein-Westfalen untersucht. An der breit angelegten Studie haben rund 8500 Ehrenamtliche sowie 1500 Personen aus der Allgemeinbevölkerung teilgenommen. Konzipiert wurde die Untersuchung im engen Austausch mit den Ehrenamtlichen. Die Erkenntnisse fließen aktuell in eine Image-Strategie ein, mit der in NRW über den Katastrophenschutz informiert und um neue Mitwirkende geworben wird.

Dem Ehrenamt auf der Spur: KU-Professorin Elisabeth Kals: Klenk/upd

Der Katastrophenschutz in Deutschland wird zu einem erheblichen Teil von Ehrenamtlichen getragen. Etwa 1,7 Millionen Menschen sind bei freiwilligen Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk oder anderen Organisationen aktiv, allein in Nordrhein-Westfalen zählt man mehr als 100.000 ehrenamtlich Aktive in diesem Bereich. „Der außergewöhnlich große Rücklauf für unsere Befragung ist auch Ausdruck für die große Verbundenheit der Ehrenamtlichen mit ihrer Tätigkeit im Katastrophenschutz, die sie uns geschildert haben“, betont Professorin Kals. Im Durchschnitt sind die Befragten seit 17 Jahren aktiv. Ausschlaggebend für ihr Engagement und die Fortführung sind die Freude daran. Diese ziehen die Befragten unter anderem aus dem Erleben von Gemeinschaft, dem Sinn ihrer Tätigkeit, der Gelegenheit zum Sammeln von Erfahrungen und der Möglichkeit, Menschen zu helfen. Zudem empfinden sie es als Gewinn, Kompetenzen zu erhalten, mit denen sie sich selbst und ihrem privaten Umfeld im Notfall helfen können. Dies stärkt darüber hinaus auch ihr Selbstwertgefühl.

Insgesamt wurden den Forscherinnen nur wenige Schwierigkeiten von den Befragten berichtet. Vor allem schildern sie Vereinbarkeitsprobleme ihres Ehrenamtes mit dem Beruf durch eine zum Teil komplizierte Freistellung vom Arbeitgeber. Aus Sicht der Engagierten wäre deshalb eine ausreichende Aufklärung von Bevölkerung und Arbeitgeber hilfreich. Zudem wünschen sie sich mehr und vielfältigere Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch fehlen ihnen ausreichende Wertschätzung und Respekt – etwa durch die Behinderung ihrer Arbeit bei Einsätzen.

Gelegenheit, zu helfen und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit

Die grundlegenden Aussagen der ehrenamtlichen Kräfte decken sich über die am Katastrophenschutz beteiligten Organisationen hinweg, zu denen in NRW neben den freiwilligen Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk auch der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rotes Kreuz, die Johanniter Unfallhilfe, der Malteser Hilfsdienst und die DLRG gehören.

Ergänzend zu den Ehrenamtlichen haben die Psychologinnen der KU auch eine Befragung in der Allgemeinbevölkerung durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass weder der Aufbau des Katastrophenschutzes noch der Zugang ausreichend bekannt sind: „Die Bevölkerung weiß unzureichend darüber Bescheid, wie man sich dort ehrenamtlich engagieren kann. Was die Aufgaben des Katastrophenschutzes anbelangt, so schätzen sich die Befragten im Mittel tendenziell als informiert ein. Aus den offenen Antworten geht jedoch hervor, dass auch hier große Informationsdefizite bestehen.“ Trotzdem herrsche eine grundlegende Bereitschaft vor, sich künftig im Katastrophenschutz einzubringen. Hinzu komme, dass sich die Motive und Erfahrungen der bereits ehrenamtlich Aktiven in hohem Maß mit den Vorstellungen von potenziell Interessierten decken: Diese erwarten soziale Einbindung, Gelegenheit zum Helfen, neue Erfahrungen und Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit.

Flexiblere Formen des Engagements gefragt

Eine wesentliche Befürchtung der Befragten in der Allgemeinbevölkerung besteht darin, dass sie viel Zeit für das Ehrenamt aufwenden müssen – in Konkurrenz zu beruflichen und privaten Verpflichtungen. „Hier wäre zu prüfen, welche flexibleren Formen des Engagements sich entwickeln lassen. Die Teilnehmenden können sich vorstellen, zunächst Schnupperangebote des Katastrophenschutzes zu nutzen. Auch ein Engagement im Katastrophenschutz auf begrenzte Zeit ist für die Befragten denkbar. Die Bevölkerung ist also grundsätzlich bereit, sich mit dem Katastrophenschutz auseinanderzusetzen, jedoch zunächst nur in einem gewissen zeitlichen Rahmen“, schildert Professorin Kals.

Gerade erst haben sie und ihre Mitarbeiterinnen Svenja Schütt und Laura Pollack mit den einzelnen Hilfsorganisationen des Katastrophenschutzes in NRW Workshops durchgeführt, in denen die spezifischen Ergebnisse vorgestellt und diskutiert worden sind. Außerdem fanden auf Grundlage der Studie, die noch bis Ende Januar 2022 läuft, erste Schulungen für Botschafter einer Kampagne statt. Dabei handelt es sich um aktive Mitglieder des Katastrophenschutzes, die weitere Mitwirkende gewinnen wollen. Denn auch wenn es noch Nachholbedarf an medialer Werbung für den Katastrophenschutz gebe, seien überzeugte Mitglieder der Hilfsorganisationen die wichtigsten Multiplikatoren, um neue ehrenamtlich Aktive zu gewinnen.

Weitere Informationen unter www.engagiertfür.nrw.

Quelle
upd
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