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Literaturabend: Michael Kleinherne liest im Atelier Ahart

Michael Kleinherne liest am Samstagabend in der Galerie im Atelier Ahart aus seinem Buch „Der Mann auf dem Foto“ – Eintritt frei

Eichstätt. – Es ist ein Buch, das angesichts der offensichtlichen Zerrissenheit der USA aktueller kaum sein könnte: Der Autor, Journalist und Dozent Michael Kleinherne liest am Samstagabend (23..7.) um 20 Uhr aus seinem Roman „Der Mann auf dem Foto“, der in eben jenen USA im Wandel spielt und die Geschichte des deutschen Journalisten Harry erzählt, der sich auf die Suche nach seinem ihm unbekannten Vater begibt. Der Eintritt ist frei.

Charmante Sinnsuche und amerikanische Charakterstudie: Autor Michael Kleinherne liest am Samstagabend aus seinem Buch „Der Mann auf dem Foto“. Foto: oh

Von Stephan Zengerle

Identitätssuche zwischen Traum und Trauma

„Der Mann auf dem Foto“ ist sprachlich nicht ganz so üppig, dicht, bunt und großartig wie Saul Bellows mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete, tief in der amerikanischen Seele rührende Charakterstudie des Chicagos und New Yorks der 1930er-Jahre. Auch nicht ganz die fein sezierende, literarisch dichte Erzählung wie Johnathan Frantzens „Freiheit“ oder die meisterhafte Schilderung auf dem Weg vom Abgesang auf den amerikanischen Traum bis hin zum amerikanischen Trauma, wie Philipp Roth sie etwa in „Amerikanisches Idyll“ erschütternd und berührend herausgearbeitet und damit die heutige amerikanische Realität vorweggenommen hat.

Und doch ist es von allen drei Werken jener großen amerikanischen Autoren ein bisschen. Michael Kleinhernes Roadmovie in Buchform greift auch auf seine eigenen Erfahrungen und Begegnungen zurück, die er als Gastprofessor und Reisender in den Vereinigten Staaten gemacht hat – und die Brüche, die er schon damals, lange vor Trump, wahrgenommen habe, wie er erzählt. Die Route 66 sei einst die Straße der Gastfreundschaft Amerikas gewesen. Jetzt sei sie an manchen Stellen kaum mehr befahrbar, so einer der Eindrücke – eine mehr oder weniger subtile Metapher auf ein gespaltenes Amerika, das heute, rund zwei Jahre nach der Erscheinung des Romans, mehr denn je viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, als noch (welt)offen sein zu können.

Platzreservierungen für den Literaturabend in der Galerie Ahart Galerie (Am Graben 34 in Eichstätt) sind telefonisch (Tel.: 08421-935484) oder per E-Mail an shoshanna@ah-art.com möglich. Der Eintritt ist frei.

Kleinherne nimmt den Leser mit auf eine (Zeit-)Reise durch die USA – beginnend 1969, als jenes Foto gemacht wurde, das den deutschen Journalisten Harry dazu bringt, sich auf die Suche nach jenem Mann auf dem Foto zu machen: seinem Vater. Der Eichstätter Autor beschreibt sehr direkt und dennoch mit Umwegen. Sein Harry ist eine Figur mit Ecken und Kanten, ein wenig verloren, die einem dennoch oder gerade deswegen schnell ans Herz wächst. Es stellen sich die kleinen Fragen des Lebens, aber auch die ganz großen der Liebe, um Wurzeln und Herkunft und nach dem berühmten Sinn und Zweck des Lebens.

Wieviel Harry steckt in mir selbst?

Da ist jener verloren wirkende Harry, der doch Mut macht: Viele Menschen würden sich wohl seinen Mut und seine unerschrockene Unbedarftheit wünschen, um sich ihren eigenen inneren Fragen und verborgenen offenen Wunden zu stellen – nicht ohne Rücksicht auf Verluste, aber eben dennoch. „Wieviel Harry steckt in mir selbst?“, mag man sich daher beim Lesen auch fragen. Reduziert-pragmatisch, aber auch charmant und schwärmerisch-verloren im Moll-Ton beschreibt Kleinherne dabei aber vor allem auch ein Stück amerikanisches Lebensgefühl irgendwo zwischen amerikanischem Traum, Nostalgie und harter Realität.

Der „konservative Rollback“, den das Land nicht erst seit Trump erlebt, klingt immer wieder in Kleinhernes Buch an. Es ist ein weiter Weg von jener Hippie-Bewegung oder noch weit radikaleren linken Bewegungen, wie sie im Buch 1969 in Berkeley stattfinden – der Zeit, aus der jenes Foto stammt. Ein Land im Wandel – weit und ruppig wie jene Route 66. Armut, rassische Segregation und der Niedergang der einst pulsierend-reichen Autostadt Detroit, in der auch die Autoshow nicht mehr das ist, was sie einst war. Obdachlose, Schusswaffen, aber auch Lebensfreude und Gastfreundschaft. All das, aber auch Trost in der ihm seelenverwandten Sandra als unerwarteter Gefährtin findet Harry auf der Suche nach seinen Wurzeln. Ein Stück davon kann am Samstagabend im Atelier der Galerie Ahart aus dem Mund des Autors selbst hören.

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