Eichstätt. – Es war eine weitgehend harmonische letzte Stadtratssitzung mit vielen positiven Stimmen, weihnachtlichen Gedanken und einer besonderen Ehrung: Christina Bergmann legte ihr Mandat nieder, und Gregor Voggenreiter folgte ihr als neues Mitglied des Eichstätter Bürgergremiums nach. Auch die Beratung und Abstimmung zu den nächsten Schritten zur „Haifischbar“, der neuen Gastronomie als Teil der Neugestaltung der Altmühlauen, verlief ruhig und in freundlichem Ton und wurde einstimmig beschlossen. Hitziger wurde es allerdings noch ein letztes Mal vor den Beschlüssen zu den Parkgebühren. Die könnten auch ein Nachspiel haben: Denn das Ergebnis eines der Beschlüsse wird in Frage gestellt und muss nun noch einmal überprüft werden.
Zum letzten Mal vor der Weihnachtspause hat der Eichstätter Stadtrat am Donnerstagabend im Alten Stadttheater getagt – wohl zum letzten Mal auch mit Christina Bergmann (geb. Pröll). Die jüngste Abgeordnete im Gremium hat den Wohnort gewechselt und wurde daher als Stadtratsmitglied unter Applaus und mit Dank und einem Blumenstrauß verabschiedet. Im Kreistag wird sie aber weiter vertreten sein. Für sie legte als Nachrücker, wie bereits erwartet, Gregor Voggenreiter, der bei der Wahl 2020 mit 2.235 Stimmen die nächstmeisten Stimmen für die CSU geholt hatte, den Amtseid als neues Mitglied ab.
Haifischbar nimmt Formen an
Anschließend stellte Daniel Weiss von den Weiss-Architekten seine Pläne der Gestaltung der neuen Gastronomie als dem zentralen Baustein der Neugestaltung der Altmühlauen eingehend vor: Der neue Gastronomiebereich soll in drei gleich große Module (7×3,5 Meter groß) gegliedert sein, die leicht angewinkelt ein zur Altmühl hin offenes Halbrund um einen Biergarten mit klassischer Biergartenmöblierung hin bilden sollen. Das erste Modul zur Altmühl hin wird demnach mit einer Pergola versehen und einen Kiosk mit Eistruhe beherbergen, das mittlere Modul die Küche und das dritte Modul zur Spitalstadt hin die Nasszellen mit Männerklo inklusive Pissoirs, Damentoiletten sowie Wickeltischen und einem barrierefrei erreichbaren WC. Wichtiger Mittelpunkt des Biergartens soll ein Baum sein, der abends auch per dezenter seilartiger Struktur beleuchtet sein soll.
Dazu habe man bereits Kontakt mit der Universität aufgenommen, wo im Zuge der dort beginnenden Generalsanierung zwei Bäume versetzt werden müssen. Einer davon könne nun aller Voraussicht nach an die Altmühlauen versetzt werden – und dort für echtes Biergartenflair sorgen. Die Kosten für das gastronomische Ensemble sollen in etwa im bisher diskutierten Rahmen bleiben: 445.000 Euro werde das Gebäude an sich kosten, so Stadtbaumeister Jens Schütte. Man sehe aber noch weitere Möglichkeiten zur Einsparung, um noch näher an die avisierten 420.000 Euro zu kommen. Die Gesamtkosten inklusive Erschließung und Einbindung in die Außenanlagen würden mit 540.000 Euro geplant. Nach einigen Fragen zu Öffnungszeiten der Toiletten und der Gestaltung des Areals oder des Kioskteils stimmte der Stadtrat in seiner Weihnachtssitzung dem Vorhaben zu. Auch darin, den Beschluss einer neuen Gebührenordnung für das Stadttheater Eichstätt aufgrund eines weiter bestehenden Beratungsbedarfs zu verschieben, war man sich einig.
Einigkeit und „Ostkurve“ gegen „Westkurve“ bei Parkgebühren
Ganz so harmonisch aber ging es danach bei einem anderen Reizthema dann nicht zu: den Parkgebühren. Die werden in Zukunft um bis zu 50 Prozent erhöht, wie der Stadtrat einhellig beschlossen hat – allerdings auch das erste Mal seit drei Jahrzehnten. Auch die Erprobung neuer Bezahlsysteme und die mögliche Einführung von Parkgebühren am Park&Ride-Parkplatz am Volksfestplatz wurde „durchgewunken“. Aber bei der Ausweitung der Semmeltaste (mit 14:10 Stimmen angenommen) und der Verlängerung der Höchstparkdauer in der Innenstadt von zwei auf drei Stunden gab es Diskussionsbedarf. Das Ganze hat nun auch ein möglicherweise sogar juristisches Nachspiel. Die Abstimmung zur Verlängerung der Höchstparkdauer war mit 12:12 Stimmen abgelehnt worden. Mindestens einer der Stadträte aber geht davon aus, dass es dabei zu einem Zählfehler beim Heben der Hände gekommen war und fordert nun eine Klärung (siehe Kasten).
Diskussionen und Zweifel um Abstimmung zu Parkgebühren
Noch einmal flammte bei der Stadtratssitzung am Donnerstag die Debatte darüber auf, wie die Parkgebührenordnung in Eichstätt gestaltet werden solle: Bei der ersten wirklichen Erhöhung der Parkgebühren seit rund 30 Jahren war man sich noch einig – ebenso darin, dass ÖPNV und Stadtlinie gefördert werden müssten und nicht schlechter gestellt werden dürften als parkende PKWs.
Und so werden die Pargebühren im Parkbereich 1 (Domplatz, Leonrodplatz, Residenzplatz, Pfahlstraße, Luitpoldstraße, Gabrielistraße, Westenstraße, Posthof, Spitalstadt, Am Zwinger) auf 1,50 Euro pro Stunde ehöht – und damit die Hälfte mehr als der bisherige Tarif von einem Euro pro Stunde. Im nicht mehr ganz so zentral gelegenen Parkbereich 2 (Kardinal-Preysing-Platz, Ostenstraße, Am Graben, Waisenhaus, Freiwasser, Rot- Kreuz-Gasse, Buchtal) steigt die Gebühr auf 0,70 Euro pro Stunde (statt 0,50€) sowie im Parkbereich 3 (Badwiese, Maiswiese) auf 15 Cent pro Stunde (bisher 10 Cent). Dieser Punkt wurde einstimmig beschlossen.
Semmeltaste 2021 rund 100.000 Mal genutzt
Uneinigkeit herrschte eher rund um die weiteren zum Beschluss stehenden Punkte: Diskussionen entbrannten etwa darum, ob die sogenannte Semmeltaste für kostenloses Parken für kurze Einkäufe von bisher 15 auf 30 Minuten verlängert werden solle. Kritik kam hier aus der „Ostkurve“, wie es SPD-Fraktionsvorsitzende formulierte: aus den Fraktionen der SPD, der Grünen und der ÖDP, die die Ausweitung kritisierten, weil man den Autoverkehr nicht fördern, sondern vielmehr die Stadtlinie stärken und die Einnahmen für die Stadt nicht reduzieren, sondern eher dafür sorgen wolle, dass die Parkplätze schneller wieder frei würden, so zum Beispiel Willi Reinbold (ÖDP) und Klaus Bittlmayer (Grüne) in ihren Wortmeldungen. Es sei zweifelhaft, ob durch die verlängerte kostenlose Parkmöglichkeit mehr Menschen zum Einkaufen in die Innenstadt kämen. Stattdessen subventioniere man letztlich das Autofahren mit 50.000 bis 70.000 Euro, sagte Reinbold. Zur Einordnung: Die Semmeltaste sei im Jahr 2021 rund 100.000 Mal genutzt worden, so OB Grienberger gegenüber Ei-live.
Susanne Reuter (Grüne) stimmte „aus Stadtmarketing-Gesichtspunkten“ für die Verlängerung – die bisherigen 15 kostenlosen Minuten seien einfach oft zu kurz für schnelle Erledigungen. Darin war sie sich mit dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Horst Bacherle einig, der noch einmal die eigenen Argumente ins Feld führte: nämlich dass die Innenstadt im Wettbewerb mit Westpark, anderen Städten und den Großmärkten mit vielen Stellplätzen attraktiv bleiben müsse. Er zeigte auch im Vergleich mit umliegenden Städten, dass dort Autofahrer zum Teil wie in Neuburg sogar 45 Minuten kostenlos parken könnten. Alberter dagegen verwies noch einmal auf bestehende Verkehrsanalysen und ISEK-Konzepte für die Eichstätter Innenstadt aus dem Jahr 2011, in denen weniger Verkehr und mehr Aufenthaltsqualität im Zentrum gefordert worden sei, so Alberter. Mehreinnahmen aus einem Abschaffen der Semmeltaste könne man etwa in zusätzliche Aktivitäten in der Innenstadt stecken, um sie attraktiver zu machen.
„Todesstoß“ für die Stadtlinie?
Die Ausweitung der Semmeltaste sei so etwas wie ein „Todesstoß“ für die Stadtlinie, so Maria Lechner (ÖDP), die wie an dieser Stelle wieder der komplette Stadtrat parteiübergreifend große Sorgen um die Eichstätter Pendelbuslinie äußerte, die mit sinkenden Fahrgastzahlen zu kämpfen hat. Dazu wurde auch Stadtwerkechef Wolfgang Brandl als Betreiber der Stadtlnie befragt. Er sehe den Beschluss und vor allem die Gebührenerhöhung und damit die Wiederherstellung des „Gleichheitsprinzips“ in Sachen Kosten für die Parkgebühren und eine vergleichbare Fahrt in die Innenstadt mit der Stadtlinie positiv. Wie 30 Minuten Semmeltaste sich auswirkten, wisse vorab ohnehin keiner so genau. Er könne nur empfehlen: „Betten Sie dieses Thema in ein Gesamtkonzept ein“, das alle relevanten Aspekte berücksichtige.
Am Ende wurde die Ausweitung mit 14:10 dennoch zunächst einmal für ein Jahr angenommen. Danach könne man das Ganze neu bewerten, meinte auch Richard Nikol (FW). Trotz der Kontroverse sieht auch Oberbürgermeister Josef Grienberger die Beschlüsse positiv: Die Erhöhung der Parkgebühren sei der Kern und die eigentliche Leistung der Überarbeitung und nicht etwa die 15 Minuten zusätzlich bei der Semmeltaste. Erstmals habe der Stadtrat die Kraft gefunden, hier echte Änderungen vorzunehmen.
Abstimmungsergebnis wird noch einmal geprüft
Ähnlich kontrovers ging es auch beim dritten Abstimmungspunkt zu: der Ausweitung der Höchstparkdauer von zwei auf drei Stunden, wo es ähnliche „Fronten“ und Argumente zwischen den beiden „Kurven“ gab. Am Ende ging die Entscheidung 12:12 aus – und wäre damit abgelehnt. Doch das Ganze hat nun ein Nachspiel. Noch kurz nach der Abstimmung hatte Adalbert Lina gefragt, ob das denn sein könne, er komme auf ein anderes Abstimmungsergebnis. Doch nach lautstarker Gegenrede und kurzer Klärung wurde das Ergebnis so festgehalten. Aber nach weiteren Gesprächen im Hintergrund gibt es im Nachgang auf die Forderung eines Stadtratsmitglieds, das Ergebnis wegen eines Zählfehlers noch einmal zu überprüfen, wohl eine Überprüfung.
„Eine Sauerei“ sei das, sagte Christian Alberter gestern gegenüber Ei-live. „Das Ergebnis steht fest.“ Da werde jetzt nachgekartet. Man habe sauber und ordentlich gezählt. Das Ganze sei aber auch ein wenig schnell gegangen, und Fehler könnten immer passieren, so Andreas Spreng, der gemeinsam mit einem Mitarbeiter Maximilian Eichiner die Stimmen gezählt hatte. Die Abstimmung sei öffentlich und man werde die Stadträte nun noch einmal darum bitten, zu bestätigen, wie sie abgestimmt hätten, um Zweifel auszuräumen. Allerdings ist fraglich, ob alle Stadträte darauf antworten werden. Wie es dann weitergehe, müsse man gegenenfalls noch einmal mit dem Landratsamt final klären, so Spreng gestern gegenüber Ei-Live. In jedem Fall könnte es noch einmal spannend werden – spätestens mit der Zustimmung zum Protokoll bei der nächsten Stadtratssitzung dürfte das Ganze dann geklärt werden.
Einig war man sich am Donnerstag wieder beim vierten Punkt in Sachen Parkgebühren: Die Stadt wird beauftragt, innovative, elektronische Zahlungs- und Betriebssysteme für die geplanten neuen Parkscheinautomaten zu prüfen, die gegebenenfalls auch ohne die berühmte „Politesse“ auskommen. Das soll auch beim bisher gebührenfreien Volksfestplatz gelten, der dann wohl auch gebührenpflichtig wird. Die notwendigen Mittel für die neuen Parkautomaten von etwa 350.000 Euro seien im Haushalt 2023/2024 anzumelden, so der Beschluss.
Eberswanger „Bauernbub“ erhölt Eichstätter Bürgermedaille
Weihnachtlich harmonisch ging es nach den zwischenzeitlichen Diskussionen zum Schluss der Sitzung zu – zunächst mit der Ehrung eines verdienten Mitglieds des Gremiums: Seit mehr als 20 Jahren sitzt Willi Reinbold für die ÖDP im Eichstätter Stadtrat und sogar noch länger im Kreistag, nämlich schon seit 1996. Als Reinbold 1995 begonnen habe, sich kommunalpolitisch zu engagieren, seien noch Helmut Kohl Bundeskanzler, Edmund Stoiber bayerischer Ministerpräsident sowie Arnulf Neumeyer Eichstätter Oberbürgermeister gewesen, erinnerte Grienberger als aktuelles Stadtoberhaupt, der Willi Reinbold für sein großes Engagement gemäß der Satzung des Gremiums nach 20 Jahren als Mitglied des Gremiums die Eichstätter Bürgermedaille überreichte. Vier Wahlperioden und drei Oberbürgermeister habe Reinbold erlebt – und dabei Tausende von Stunden nicht nur in der Stadtratsarbeit, sondern auch seine vielfältigen anderweitigen ehrenamtlichen Tätigkeiten zum Beispiel als Wolfsbeauftrager des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern investiert, so der OB.
Und zwar für wen? Für seine Enkelkinder, wie Reinbold in seiner Ansprache erklärte, die „auch einmal als 70-Jährige in einer heilen Welt leben sollten. Sie sind mir jede Mühe und Opfer wert“, erklärte Reinbold, der als Eberswanger „Bauernbub“ einst das Buch „Wandern mit offenen Augen“ geschenkt bekommen habe – ein Buch über Artenbestimmung. Das habe er ausgiebig gelesen und genutzt. Damals habe sein Engagement für seine „Mitwelt“ begonnen, der er sich bis heute, in Zeiten der Weltklima- oder der Weltartenschutzkonferenz in Montreal, verpflichtet fühle.
Aber auch Aloisius, der berühmte „Münchner im Himmel“, sehe, wenn er denn bei „Manna und Ambrosia“ auf Eichstätt herabblicke, „eine kleine, aktive, liebenswerte und vor allem lebendige Stadt mitten im Herzen Bayerns“ und mit vielen engagierten Menschen, wie Martina Edl und Elisabeth Gabler-Hofrichter als Bürgermeisterinnen in ihrer Weihnachtsansprache zum Ende der letzten Sitzung in diesem Jahr sagten. Von seiner Wolke aus hätte Aloisius gesehen, wie sich die Stadtratsmitglieder in rund 30 Sitzungen, der OB sogar in rund doppelt so vielen, eingebracht hätten. An Aloisius’ Stelle hätte man das Ringen um Entscheidungen gesehen – und auch einmal, wie man dabei manchmal „zu viel geredet, aber zu wenig gesagt“ habe. Aber das gehöre nun einmal zur Demokratie, und die sei in Zeiten, „in denen uns Diktaturen, Autokratie und Krieg viel zu nahe kommen“, einfach besonders wertvoll.
Edl und Gabler-Hofrichter blickten zurück auf das Jahr, seine Ereignisse und die Themen, die Stadt und Stadtrat geprägt hätten. Vor allem aber seien es das ehrenamtliche Engagement und die Besinnung auf Werte, die nicht nur zu Weihnachten wichtig seien. Werte, wie sie Sokrates mit seiner Drei-Fragen-Prüfung an einen seiner Schüler vermittelt haben könnte, wie Edl zum Schluss sagte: nämlich ob etwas wahr, sinnvoll und nützlich, aber auch uneigennützig sei. Wenn man sich in Eichstätt im persönlichen Umgang oder zum Beispiel in den sozialen Medien und auch im Stadtrat an diese Fragen halte, dann werde auch Aloisius auf seiner Wolke nicht nur genüsslich sein Manna zu sich nehmen, sondern auch wohlwollend zustimmen. Das Problem dabei: Bei den Diskussionen rund um die Parkgebühren etwa würden wohl alle Seiten für sich reklamieren, dass sie die drei Fragen positiv beantworten könnten. Realität ist selbst in einer Kleinstadt wie Eichstätt eben manchmal komplex. Aber eines ist auch klar: Es kann nur ein richtiges Abstimmungsergebnis geben. Stephan Zengerle
Veränderungen in CSU-Stadtratsfraktion: Voggenreiter soll auf Bergmann folgen