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Schattenrast und erster Schritt für „Regionalwerke“

Umweltausschuss beschließt Natur- und Umweltprogramm und Radwegekonzept

Eichstätt – Die Jahreszeit ist zwar denkbar schlecht für’s Radfahren – die Perspektiven für das Thema im Landkreis Eichstätt seien dafür immer besser – so ein Fazit der Sitzung des Natur- und Umweltausschusses am Dienstag, in dem unter anderem das neue Radwegkonzept vorgestellt wurde (siehe Kasten). Zudem wurde über das neue Natur- und Umweltprogramm abgestimmt, in dem die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen des Landkreises zusammengefasst sind. Der Ausschuss sprach sich außerdem einstimmig für die Schaffung einer zusätzlichen Stelle aus, die die Gemeinden beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Landkreis beraten und unterstützen sowie Vorarbeiten für die „Regionalwerke“ leisten soll.

Denn bis es eine solche landkreiseigene Gesellschaft für Erzeugung und Vertrieb von erneuerbaren Energien möglich sei, werde es noch dauern, stellte Landrat Alexander Anetsberger in der vorweihnachtlichen Sitzung klar. Man habe das Ganze geprüft: Die Konstruktion sei sehr aufwendig, was verschiedene Fragen wie die Rechtsform oder das Beteiligungsmodell für Bürger oder Gemeinden angehe. Denn: Die Wertschöpfung soll im Landkreis bleiben und damit auch die Akzeptanz erhöhen. Es brauche durchschnittlich drei bis fünf Jahre, bis solche „Regionalwerke“ loslegen könnten, so Anne Fröhlich, Koordinatorin für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Grünplanung des Landkreises. Sprich: Man ist noch lange nicht so weit und will vor allem keine Geburtsfehler bei der Gründung. Einen „Schnellschuss“ wolle man nicht machen, sondern das Ganze bedarfsorientiert ausgestalten und dabei sicherstellen, dass es eine echte Bürgergesellschaft werde, wo nicht nur Einzelne, sondern letztlich jeder Bürger der beteiligten Gemeinden davon profitiere, so Fröhlich.

Neue Stelle soll Ausbau der erneuerbaren Energien koordinieren

Eine neue Fachkraft soll eingestellt werden und die Kommunen im Landkreis bei der Energiewende unterstützen und beraten.

Der Beratungsbedarf in Sachen Energiewende und die Anfragen der Gemeinden auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2035 seien weiter hoch, die Kapazitäten aber ausgelastet, so Anetsberger – insbesondere das Thema Windkraft, von dem rund die Hälfte der Landkreisgemeinden betroffen sei, sei zwar beim regionalen Planungsverband verortet. Aber es gebe viel Beratungs- und Abstimmungsbedarf, wo der Landkreis unterstützen wolle – zum Beispiel bei der Entwicklung von Leitlinien, dem Umgang mit Investoren oder der Abstimmung mit Netzbetreibern. Die zusätzliche Stelle soll nun zeitnah ausgeschrieben und besetzt werden und möglichst im zweiten Quartal das bereits bestehende Beratungsmöglichkeiten ergänzen. Bernd Weber (SPD) warnte davor, die Stelle zu überfrachten. Zu beraten und Leitlinien zu erstellen, sei das Eine, „Projektieren ist etwas ganz anderes“. Die neue Stelle sei nur ein erster vorbereitender Schritt, stellte Fröhlich dazu klar. Für die Gründung solcher Regionalwerke bedürfe es vieler weiterer Schritte und auch externer Beratung.

Einstimmig angenommen wurde auch das neue Natur- und Umweltprogramm (NUP) des Landkreises für das kommende Jahr. Einige Maßnahmen daraus stellte Fröhlich gemeinsam mit dem Sachgebietsleiter Hochbau, Ralf Fährmann, in der Sitzung vor: Der Landkreis sei dabei, ein umfassendes Energiemonitoring für seine Liegenschaften aufzubauen und Maßnahmen zu entwickeln, so Fährmann. Eine „Streuwirkung“ habe hier das neue Dienstleistungszentrum (DLZ) des Landkreises in Eichstätt, das in Sachen nachhaltiges Bauen durch Energieeffizienz, neuartigen Recycling-Beton oder etwa Retentionsflächen Maßstäbe setze und auch weit über die Region hinaus Aufmerksamkeit erfahre. Derzeit werde dort die PV-Anlage auf dem Dach installiert. Im DLZ werde zudem ein Batteriespeicher mit 230 kW im Januar installiert – das DLZ soll dadurch einen hohen Autarkiegrad in Sachen Energieversorgung von 80 Prozent erreichen, so Fährmann.

4,4 Millionen für Sonnenenergie, Flexibusse oder Biotope

Das Natur- und Umweltprogramm hat einen Gesamtumfang von 4,4 Millionen Euro – noch einmal eine deutliche Steigerung gegenüber den 2,5 Millionen Euro vor, die für dieses Jahr vorgesehen waren. Darin sind allerdings verschiedene nachhaltige Maßnahmen aus verschiedenen Bereichen enthalten – darunter auch Investitionen im Zuge von Baumaßnahmen oder den ÖPNV. Der Landkreis plane unter anderem weitere große PV-Flächen auf eigenen Gebäuden: Bis 2026 soll die Erzeugung um 570 auf dann 1000 kWp steigen. Die größten Maßnahmen sind hier etwa auf dem Gymnasium Gaimersheim sowie der Staatlichen Realschule Kösching mit jeweils 200 kW maximale Leistung geplant. Auch das Atemschutzzentrum Lenting soll in Zukunft Sonnenstrom produzieren. Insgesamt ist im Natur- und Umweltprogramm für Sonnenenergie aktuell eine Million Euro im Natur- und Umweltporgramm vorgesehen. Auch die Bauhöfe im Landkreis, die beiden Kreisbauhöfe in Eichstätt und Beilngries sowie der städtische Bauhof in Eichstätt sollen in Kooperation mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und mit Förderung durch die Volkswagenstiftung als „Pioniere der Nachhaltigkeit“ weiterenteickelt werden und so nicht nur nachhaltiger werden, sondern auch ein besseres Image erhalten, wie das NUP vorsieht.

In den Gebäuden am Residenzplatz soll durch eine Umstellung der Beleuchtung der entsprechende Energieverbrauch um rund 50 Prozent gesenkt wreden. werde man die defekte Heizung wohl mit einer Pelletsheizung ersetzen, die dann später woanders eingesetzt werden könne, sobald das Nahwärmenetz in Eichstätt fertig sei. Insgesamt umfasst das NUP zahlreiche weitere Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen wie etwa den Bau von Amphibiendurchlässen zwischen Schelldorf und Wettstetten, den Ausbau des ÖPNV durch Flexibus-Angebote, die Umstellung der Dienstwagenflotte des Landkreises auf alternative Antriebe sowie zum Beispiel den Einsatz von HVO-Biokraftstoffen für die Müllsammelfahrzeuge des Landkreises oder Biotop- und Schattenrast-Plätze als Schattenspender an touristischen Routen.

Für Letztere werden in Absprache und auf Initiative des Naturparks Altmühltal an entsprechend schönen Stellen mit Aussichtspunkten Rastplätze mit Schatten geschaffen weden, die angesichts immer heißerer Sommer in Zukunft eine wichtige Rolle für naturnahen Tourismus bieten sollen, etwa für Wanderer. Langfristig sollten dort Bäume Schatten spenden, bis sie soweit gewachsen seien andere Möglichkeiten wie etwa Sonnensegel angedacht, so Fröhlich. Zudem sollen im Landkreis die Obstbaumarten erfasst und wertvolle seltene Arten gegebenenfalls im Landkreis wieder vermehrt werden. Hinzu kommen viele weitere Maßnahmen.

Radwegekonzept nimmt Konturen an

Marlen Seurich-Nar, die mit der Erstellung des Radwegkonzepts betraut ist, stellte vor, wie es mit dem in der ersten Jahreshälfte buchstäblich auf den Weg gebrachten Radwegkonzept des Landkreises weitergeht. In sechs Workshops mit rund 50 Teilnehmern hatte man seit Juni die Haupt- und Wunschrouten besprochen und mit dem bayerischen Radwegekonzept abgestimmt. Im kommenden Jahr will man die Hauptrouten befahren, dann konkrete Maßnahmen ableiten und priorisieren und dann schrittweise an die Umsetzung gehen. Zudem soll 2024 das Nebenroutennetz konzipiert werden: Alle Orte mit mehr als 500 Einwohnern sowie wichtige Punkte wie Schulen und große Betriebe sollen an das Hauptroutennetz angebunden werden. Um die Planung und Genehmigung zu vereinfachen, sollen auch Musterlösungen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen verwendet werden – im Landkreis sei das allerdings schon aus Platzgründen nicht überall möglich, so Seurich-Nar.

Motivationshilfe und Datengrundlage sei auch das Stadtradeln gewesen, an dem in diesem Jahr erstmals auch der Landkreis teilgenommen hatte. Die Bilanz: Gut 1000 Teilnehmer, 220.374 gefahrene Kilometer, rund 35 Tonnen CO2-Einsparung und das Team aus Titting, das als „radelaktivste Gemeinde“ ausgezeichnet wurde. Auch im kommenden Jahr wird man vom 8. bis 28. Juni wieder teilnehmen und sucht dafür einen „Stadtradelstar“, der in der Zeit komplett auf das Auto verzichtet – spontan wollte sich dafür im Natur- und Umweltausschuss noch niemand begeistern. Die Stadtradel-Daten sind nun zudem in digitale Karten eingeflossen und werden nun auch bei der Radwegeplanung genutzt.

Im kommenden Jahr soll es auch endlich klappen mit der Befahrung des Landkreises durch den Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern (AGFK) – und dann ja vielleicht auch mit der Mitgliedschaft, so die Hoffnung. Auf Anfrage von Willi Reinbold (ÖDP) bestätigte Landrat Alexander Anetsberger auch, dass Eichstätt an die neuen Radwege an der Lüften angebunden werde und dass die neuen Radwege jeweils auch in digitale Karten und die gängigen Routenplaner-Apps sowie die Routenplaner des Naturparks Altmühltal eingepflegt würden. Die Radwege würden natürlich auch über die Landkreisgrenzen hinweg gemeinsam geplant und umgesetzt, wie derzeit etwa von Beilngries Richtung Neumarkt und Greding, nach Weißenburg oder von Pförring nach Pfaffenhofen. sze

In Stadt und Landkreis Eichstätt: Stadtradeln heute gestartet

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