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Optimale Beweidung für Berghexe, Streifenbläuling und Orchideen

Eichstätt – Der Gebietsbetreuer für die ökologische Beweidung im Landkreis Eichstätt, Peter Riegg, ist aktuell mit den Hüteschäfern auf den Weiden unterwegs, um die optimale Beweidung für die vielen Rote Liste Arten auf den Magerrasen mit ihren imposanten Felsen abzusprechen. Denn die können nur dann überleben, wenn die Beweidung passt – aktuell klappe das ganz gut, so das Fazit.

Gute Laune bei der Besprechung im Naturschutzgebiet bei Dollnstein. Gebietsbetreuer Peter Riegg mit Hüteschäfer Alfred Eichhorn. Fotos: LPV Eichstätt
Die Berghexe ist am Boden sitzend so gut getarnt, dass man sie meistens erst sieht, wenn sie auffliegt. Foto: LPV Eichstätt

Vor Kurzem stand zu diesem Zweck für Peter Riegg zuerst ein Termin mit dem letzten waschechten Wanderschäfer des Landkreises, Sascha Gäbler, im Markt Mörnsheim an. Hier befindet sich eines von drei Vorkommen der Berghexe und die letzte kleine Population des Streifenbläulings im Landkreis Eichstätt. Beide Tagfalterarten gehören zu den gefährdetsten Schmetterlingen Mitteleuropas und befinden sich in Deutschland auf der Roten Liste 1, sind also vom Aussterben bedroht. Während die Berghexe die gesamte Vegetationsperiode intensivste Beweidung braucht, damit der Magerrasen immer kurz und lückig ist, macht es der Streifenbläuling dem Gebietsbetreuer und dem Schäfer noch schwieriger.

Berghexe, Streifenbläuling und Orchideen brauchen richtige Beweidung

„Sein Lebensraum darf nur zu ganz bestimmten Zeitpunkten komplett beweidet werden, weil sonst die einzige Futterpflanze seiner Raupen, die Esparsette, mitsamt den Raupen gefressen wird“, weiß Peter Riegg. Wann es soweit ist, beobachtet er zusammen mit dem spezialisierten Biologen Adi Geyer. Schafft es Sascha Gäbler in dieser kurzen Phase nicht, mit seiner Herde von etwa 700 Schafen und Ziegen vor Ort zu sein, muss der Kernbereich der Esparsetten vor der Beweidung geschützt werden. „Für eine zusätzliche Beweidung des Berghexehangs ist Gäbler extra schon eine Woche vor dem Altmühltaler Lammauftrieb am darauffolgenden Wochenende nach Mörnsheim gezogen“, freut sich  Riegg. Er betont, „dieser zusätzliche Aufwand in der Planung und Umsetzung der Beweidung ist keine Selbstverständlichkeit, und es verdient höchste Anerkennung, wenn im laufenden Betrieb noch in diesem Umfang auf Artenschutzaspekte geachtet wird“.

Schattenpause: In den heißesten Mittagsstunden gönnen sich die Schafe unter den Bäumen häufig eine Pause im Schatten.
Für die kleinere Spitzorchis beginnt die Blütezeit gerade.

Als nächstes ging es für Riegg ins Schafrevier von Alfred Eichhorn. Hier stehen nicht Schmetterlinge, sondern heimische Orchideen im Mittelpunkt. Auch diese sind häufig als stark oder sogar vom Aussterben gefährdet bewertet und stellen die Schäfer und den Gebietsbetreuer vor ähnliche Herausforderungen. Einerseits benötigen auch sie eine regelmäßige und intensive Beweidung, weil sie sonst von konkurrenzstärkeren Pflanzen überwuchert und verdrängt werden und zur Vermehrung für ihre Keimlinge offenen Boden brauchen. Gleichzeitig werden sie von Herden mit hunderten Tieren aber während der Blütezeit oder Samenreifung selbst umgetreten oder sogar abgebissen, obwohl sie Schafen eigentlich nicht besonders gut schmecken.

Sensible Pflanzen, aber ein „sehr gutes Orchideenjahr“

Für Peter Riegg heißt das, wieder im Austausch mit den Fachbiologen Bereiche festzulegen, die bei einzelnen Beweidungsgängen möglichst ausgespart werden sollen. Was im Naturschutzgebiet bei Dollnstein zu beachten ist, weiß Eichhorn aus den vorherigen Saisonen. Zur besseren Orientierung im Hang bringt Riegg trotzdem noch einige Markierungsstäbe an. Die Bereiche, die im ersten Gang ausgelassen werden müssen, stellen die Schäfer im zweiten Gang dann vor die Herausforderung, dass das Gras dort dann schon länger und älter ist. „Das fressen die Schafe dann nicht mehr so gerne“ erklärt Schäfer Eichhorn. Damit die Beweidungsqualität nicht zu sehr leidet überprüft Riegg jedes Jahr, ob die Orchideen gute Chancen auf Aussamen haben. „Haben Frost oder Trockenperioden die Pflanzen ohnehin schon stark geschädigt, nutzen wir die Chance nach Absprache mit dem Gebietsbetreuer und beweiden die Flächen im ersten Gang intensiv mit“, erzählt Eichhorn.

Die Bocksriemenzunge hat besonders kunstvolle Blüten und steht aktuell bereits in voller Blüte.

Aber in diesem Jahr sieht es laut Peter Riegg bisher nach einem „sehr guten Orchideenjahr“ aus und er zeigt die vielen prächtigen Pryramidenorchis und Bocksriemenzungen im Hang. Er hofft, dass diese auch dort bleiben, wo sie hingehören, und die vielen Mühen der Schäfer nicht am Ende doch umsonst sind. Denn Pflücken und Ausgraben sind nicht nur gesetzlich verboten, sondern haben noch dazu äußerst geringe Erfolgsaussichten. „Gepflückte Orchideen verwelken meist schon auf dem Weg in die heimische Vase und ausgegrabene Pflanzen gedeihen im Garten nicht, weil die Bedingungen dort einfach nicht passen“, betont  Riegg. Er bittet Spaziergänger zudem, die Schäfer bei ihrer herausfordernden Arbeit auch dadurch zu unterstützen, dass Hunde in der Weidesaison auf den Schafweiden an die Leine genommen werden und der Hundekot von den Weiden entfernt wird. Um darüber zu informieren und das Bewusstsein für die seltenen Lebewesen und ihre Lebensräume zu verbessern, war Riegg auch mit einem Stand beim „Altmültaler Lamm“-Auftrieb am Pfingstsonntag und Pfingstmontag in Mörnsheim zu Gast.

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