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„Auf der Bruck, da liegt der Grienberger“: Ausverkaufter Eichstätter Starkbieranstich

Eichstätter Bockbierfest erlöst rund 6.000 Euro für gute Zwecke

Eichstätt. – Da war er wieder – der „Eichstätter Nockherberg“. Nach drei Jahren Pause war am Freitag sowie gestern Abend endlich wieder der Starkbieranstich und die Eichstätter Version des Politiker-Derbleckens angesagt – mit alten Bekannten, einigen Neuerungen und am Freitagabend sogar mit einem ehemaligen Landesvater als Überraschungsgast in der ersten Reihe. „Ja is er des wirklich?“, fragten die beiden Darsteller Vroni Mayer und Adi Metz in den Saal hinein – Ja, er war‘s: „Der Seehofer“ war neben zahlreicher lokaler Prominenz beim Auftakt am Freitagabend dabei und natürlich auch gleich Thema.

Original oder Fälschung? Horst Seehofer, Reinhard Brandl (Mitte) und die anderen Ehrengäste hatten ihren Spaß, als die „Resi“ und der „Sepp“ (rechts) darüber spekulierten, ob „er des wirklich is“. Fotos: Zengerle

„Also entweder is des a saugutes Double oder doch eine Wachsfigur“ – das Original könne es ja bei so viel Anti-aging gar nicht sein, meinte da Mayer. Das Kompliment für den ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten sollte aber eine Ausnahme bleiben – ansonsten war für die gewählten Volksvertreter und andere Prominenz natürlich das starkbierfest-typische „Derblecken“ angesagt – auch für Seehofer, der aufgrund der berühmt-berüchtigten Überzeugungskraft von Organisator Bert Lina tatsächlich gekommen war – oder vielleicht habe er ja nur vor den „Millionenbauern“ in seinem Heimatort Gerolfing fliehen wollen, wie Mayer und Metz spekulierten. Ein gelungener Einstieg, der für viele Lacher sorgte, am darauffolgenden zweiten Abend am Samstag aber ohne den besonderen Ehrengast wegfallen musste. Der jedenfalls hatte sich mit dem Besuch beim Bockbierfest „einen Traum erfüllt: einen Abend mit Eva Gottstein“, wie Seehofer dem lachenden Saal spontan ins Mikro rief – da freute sich auch eine leicht errötende Landtagsabgeordnete und Ehrenamtsbeauftragte des bayerischen Landtags dann doch sichtlich und man rückte vielleicht nicht politisch, aber persönlich ein wenig zusammen.

„O’zapft is“ – erst im zweiten Anlauf

Diesmal war es nicht Bert Lina, der die Gäste im Saal begrüßte, sondern „der Lina, der noch nie einen Leserbrief geschrieben hat“ – sein Sohn Dirk nämlich, der erstmals die Moderation des Abends übernahm. Er wolle sich „lina-typisch“ kurz halten, versprach er mit Augenzwinkern und begrüßte „alle 1.000 Gäste im Saal“ – in Wirklichkeit waren es zweimal jeweils 338 im an beiden Abenden ausverkauften Haus. Sie wissen ja: „Die Linas haben ja Probleme mit dem Zählen“, fügte er scherzend hinzu. Schließlich war es sein Vater, der als Stadtrat die Nachzählung und anschließende erneute Abstimmung zu einer Verlängerung der Höchstparkdauer im Stadtrat ausgelöst hatte.

„Ozapft is“ – allerdings erst im zweiten Anlauf. Beim ersten Mal sprang der Zapfhahn wieder raus, aber der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger und Hofmühl-Bräu Stephan Emslander nahmen es mit Humor. Landrat Alexander Anetsberger, Initiator Bert Lina, MdB Reinhard Brandl und Ehrengast Horst Seehofer stießen gemeinsam an (Foto rechts).

Das Thema wurde dann auch zu einer Art „Running Gag“, der am Abend immer wieder auftauchte – selbst beim eigentlichen Starkbieranstich selbst: Als Oberbürgermeister Josef Grienberger im Beisein von Hofmühl-Chef Stephan Emslander das erste Fass Starkbier anzapfen sollte, schien alles nach zwei Schlägen schon erledigt. „Der ist drin“, bestätigte Emslander auf die Frage des OB. Doch dann sprang der Zapfhahn doch wieder raus und sorgte für den nächsten Lacher im Saal – und der OB scherzte, das sei ja wie im Stadtrat: Da müsse auch „manches wiederholt werden“. Und so wurden es dann zwei Schläge bis zum obligatorischen „O’zapft is“ – allerdings auch erst im zweiten Anlauf. Anschließend aber floss das dunkle, würzige Gebräu und landete in den Masskrügen der Ehrengäste – darunter etwa der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU), Landtagsmitglied Eva Gottstein (FW), Landrat Alexander Anetsberger (CSU) und zahlreiche Bürgermeister – wie etwa Helmut Schloderer aus Beilngries und andere Amt- und Würdenträger.

Eichstätter Dom wird zur „Domina“

Und natürlich wurde auch an den Tischen im Saal kräftig angestoßen – besonders, wenn der Stadttürmer, gespielt von Julius Beck – mit der Eichstätter Stadtkapelle auf der Bühne ein Prosit der Gemütlichkeit oder seinen „Eichstätt-Refrain“ anstimmte („Hast es scho g‘seng – Eichstätt im Altmühltal? Hast es scho g’seng, Eichstätt im Tal? Wer‘s g’seng hat, der muss‘ gern ham, und wer‘s gern hat, der muss‘ g’seng ham“) und der ganze Saal mehr oder weniger inbrünstig mitsang. Der Stadttürmer grantelte auch gehörig und in Reimform über Politiker ohne Hirn, Klimaaktivisten, die sich festkleben (Sein Rat dazu: „Lasst sie beppen, die Deppen!“) oder das Gendern, das die Sprache verstümmle – am Ende werde der Eichstätter Dom in der weiblichen Form noch zur „Domina“. „Feminismus recht und schee, aber muaß ma so weit geh?“, fragte er – natürlich rhetorisch.

Blies der Prominenz ordentlich den Marsch: Stadttürmer Julius Beck weiß, wie Derblecken geht – selbst in Reimform.

Auch die Empörungskultur und öffentliche Aufgeregtheit knöpfte sich der gewohnt direkte Stadttürmer vor – zum Beispiel jene Dame, die sich im vergangenen Jahr so furchtbar öffentlich empört und beschwert habe, als eine junge Frau sich im Eichstätter Freibad oben ohne gesonnt hatte. „Ich find‘s persönlich furchtbar schad, dass ich an diesem Tag war nicht im Bad“, reimte der Stadttürmer – und der Saal jubelte und applaudierte. Und die Zeitung blase das auch noch auf und bringe ansonsten ja vor allem Naturfotos von Bienen und Blumen. Manchmal derbe, manchmal aber auch feinfühlig präsentierte Beck einen humorigen Rundumschlag in Versen – und mit seinen obligatorischen Werbepausen mit kleinen oder größeren Seitenhieben.

„Am Ende, da ist allen klar: Freibad, Eichstätt, FKK!“

Überall Verbote und Besserwisser – das passte dem Stadttürmer Julius Beck, der auch mit fast 80 Jahren immer noch kräftig „los-derbleckte“ nicht. Aus Trotz könne man ja in den Altmühlauen einen Nacktbadebereich einrichten – oder eben doch im Freibad: „Liebe Nudisten, kommt’s ins Inselbad. Am Ende, da ist allen klar: Freibad, Eichstätt, FKK!“ Aber wer dahinter eine allzu reaktionäre Einstellung vermutete, den belehrte er eines Besseren: Für ihn wäre es besser, „die AfD tät nach Korea geh’n. Da kanntn’s plärren und bei uns tat’s keiner hör’n“, frotzelt er. Aber auch Seehofers CSU und andere bekamen natürlich ihr „Fett weg“.

„Werbepause“ mit Julius Beck.

Danach waren erneut Vroni Mayer und Adi Metz dran, die als Putzfrau Resi im Rathaus und Stadtbusfahrer Sepp über die Ereignisse in Eichstätt und vor allem die Stadtpolitik herzogen – mit einigen Lachern, aber auch einigen Längen – insbesondere für die Besucher im Saal, die die Stadtratsarbeit in Eichstätt nicht im Detail verfolgt hatten. Der Haugg Olli werde seit der letzten Wahl mit seinem unermüdlichen Kampf für die Eichstätter Geschäftswelt in dem Gremium vermisst – mit riesigem Einsatz, aber minimalem Erfolg. Dafür seien ja andere da wie der Horst Bacherle (CSU) mit seiner Mähne, der Christian Alberter (SPD), der „Losbudenbesitzer von den Maltesern“, der „Zwitscher-Willi“ (Reinbold, ÖDP), der ja beim Landesbund für Vogelschutz engagiert sei, oder der notorisch engagierte Richard Nikol (FW), dessen Tag wohl 28 Stunden habe – und natürlich der Manfred Dier, der als Ein-Mann-Fraktion der Bayernpartei sowieso der wichtigste Mann im Stadtrat sei, so die Rathausputzfrau.

„Video Asisstant Referee“ im Stadtrat

„Wieso das denn?“, fragte Sepp, der Busfahrer. Na ja, er sei nicht nur das Zünglein an der Waage bei manchen Entscheidungen, sondern auch ein heißer Kandidat für den OB-Posten bei der nächsten Wahl, so die Rathausputzfrau. Aber eigentlich habe auch er keine Chance gegen Amtsinhaber „Joe Grienberger“ der eigentlich „Cäsar“ heißen müsse: „Er kam, sah und siegte.“ Eine Wahrsagerin am Viktualienmarkt in München habe ihr für 15 Euro aus der Hand gelesen und den Ausgang der Wahl 2026 vorhergesagt. OB bleibe der Amtsinhaber, weil die anderen „wegen Chancenlosigkeit“ gar nicht erst anträten. Dagegen werde Simone Zink (Grüne) als Landrätin gewählt – weil Landrat Alexander Anetsberger, der seinerseits sogar heiße wie ein Feldherr: „Alexander der Große“ – bayerischer Ministerpräsident werde. Vorgänger Markus Söder dagegen werde sowieso Bundeskanzler.

Im Eichstätter Stadtrat werde zudem angesichts der Probleme beim Stimmenzählen wie in der Fußball-Bundesliga bald ein VAR eingeführt: ein „Video Asisstant Referee“, der die Stimmabgabe kontrolliere. Da war er wieder, der „Running Gag“. Und der Busfahrer „Sepp“, der sich sonst eher nicht für Politik interessiere, konnte sich am Ende dann doch schon fast mit seiner eigenen Kandidatur für den Stadtrat anfreunden – obwohl die Sitzungen ja parallel zu seiner Schafkopfrunde stattfänden. Aber bis zur nächsten Wahl ist ja noch ein wenig hin.

Der „Hias mit de drei Fias“ durfte natürlich bei den „Gopperer X“ nicht fehlen.

„Auf der Bruck, trara, da liegt der Grienberger“

Dann war das Musikkabarett der Gopperer dran, die diesmal angesichts ihrer zwei Verstärkungen nicht als „Gopperer 4“, sondern als „Gopperer X“ auftraten – mit einigen Dauerbrennern wie dem „Hias mit de drei Fias“, der auch diesmal wieder für Lacher sorgte, aber auch ganz neuen Liedern, wie etwa dem über die bald wohl abgerissene Hofmühlbrücke: In ihrer Eichstätter Version von „Auf der Bruck trara“ ginge es nicht wie im Original der „Jungen Zillertaler“ um die „Barbara“, sondern Oberbürgermeister Grienberger: „Auf der Bruck, trara, da liegt der Grienberger – ganz zerdruckt, trara, von die Rebdorfer. Seid’s ihr verruckt? Was macht’s ihr mit uns’rer Bruck?“

Das beißende Musikkabarett der Gopperer gefiel offenbar auch Horst Seehofer (rechts)

Zwischendrin war auch John Lennon auf der Bühne und spielte mit den Gopperern den „Citybike-Blues“ – so jedenfalls die englische Übersetzung der Gopperer des „Stadtrat-Blues“, bei dem einzelne Stadträte ihr Fett wegbekamen („Der Reuder Roland, der bin i – mit meiner Hobelmaschi“). Und John Lennon hatte auch ein paar Sprüche aus seiner Blütezeit dabei: „It’s nice to be a Preis, but it’s higher to be a Bayer!“ Das gefiel offensichtlich auch dem Publikum, das spätestens beim Musikkabarett und dem großen Finale mit dem Klassiker „Goppererland“ auch richtig lautstark mitsang und mitklatschte.

Rund 6.000 Euro für gute Zwecke im „Spendensackla“

Kritik gibt es natürlich wie beim Nockherberg-Original in München auch bei der Eichstätter Variante. Zu lang für die einen, zu derbe oder zu viele Stadtrats-Witze für die anderen – wie das halt heute so ist. Humor ist schließlich eben bei jedem anders – und sprichwörtlich ja sowieso, „wenn man trotzdem lacht“. Aber andererseits gab es eben auch größtenteils viel Lob und vor allem jede Menge herzhafte Lacher und Applaus – selbst vom ehemaligen Ministerpräsidenten.

Insgesamt also einmal mehr eine gelungene Veranstaltung, die auch in der inzwischen neunten Auflage an die legendären Auftritte der „Fensterputzer“ anknüpft und das öffentliche Leben in Eichstätt bereichert – und das zudem für einen guten Zweck: Wie hatten die Gopperer vorher über Bert Lina gesungen? „An mei’m Leib, da hängt a Packla, des is nur mein Spendensackla“. Und so konnte Lina am Ende auch verkünden, dass die geschätzt rund 6.000 Euro an Erlös aus der Benefizveranstaltung an zahlreiche verschiedene soziale Einrichtungen in der Region gingen, die sich die allesamt ehrenamtlichen Mitwirkenden selbst ausgesucht hatten. Mit einem letzten Witz von Julius Beck und der Bayernhymne ging der Abend zuende – da war auch Horst Seehofer im Original zufrieden.

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