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Windkraftflächen im Blick: Stadtrat beschließt Neuüberprüfung

Eichstätter Gremium prüft Ausweitung – „Das tun, was man tun kann“

Eichstätt. – Der Bedarf ist da, die Sorgen auch: Wenn die Energiewende gelingen soll, muss die Windkraft dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Bundesregierung hat daher die Bedingungen für den Ausbau vereinfacht und fordert, dass in allen Landesteilen mindestens zwei Prozent der Fläche für Windräder zur Verfügung gestellt werden. In Eichstätt hatte man diesen Wert bereits erfüllt – prüft nun aber dennoch neu, welche Flächen unter den aktuellen Rahmenbedingungen ausgewiesen werden könnten. Das hat der Eichstätter Stadtrat in seiner gestrigen Sitzung einstimmig beschlossen. Im Raum waren aber auch Vertreter aus Nachbargemeinden – sowie eine größere Gruppe aus dem Ortsteil Buchenhüll. Sie wünschen sich Änderungen bei dem ersten größeren Windprojekt auf Eichstätter Territorium.

Alles grau hier: Bisher waren im Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ viele, nämlich die grau eingefärbten Flächen, von der Windkraftnutzung ausgeschlossen, wie Stadtbaumeister Jens Schütte (rechts) hier erläutert. Mit der Neuüberprüfung könnten weitere potenzielle Standorte hinzukommen. Fotos: Zengerle

Rund ein Dutzend Buchenhüller saß gestern ebenfalls im Raum – ohne Protestplakate oder ähnliches, aber mit einigen Sorgen im Gepäck, wie sie anschließend im Gespräch mit Ei-live verrieten. Die Windräder seien im Westen des Ortsteils geplant – also genau in der vorwiegenden Windrichtung. Und so befürchten manche neben der Verschattung vor allem (Infra-)Schall, also Lärmbelastung – wie an so vielen Stellen in der Republik auch. Der Ausbau der Windkraft wird wohl auch weiter nicht geräuschlos vor sich gehen.

Dennoch werde er nötig sein, wenn es klappen solle mit den Klimazielen, die sich auch die Stadt und der Landkreis Eichstätt gesetzt haben – da war man sich auch gestern im Stadtrat einig. Und so hat das Gremium in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, die potenziellen Flächen für Windkraft im gesamten Gemeindegebiet noch einmal neu zu überprüfen und den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ gegebenenfalls anzupassen. Denn es hätten sich seit der Aufstellung des bisherigen Plans im Jahr 2014 durch politische Beschlüsse und neue Rahmenbedingungen zahlreiche Änderungen ergeben, wie Stadtbaumeister Jens Schütte und Oberbürgermeister Josef Grienberger (CSU) auch auf Anfrage von Stadtrat Christian Alberter (SPD), der auch Buchenhüller Ortssprecher ist, noch einmal im Detail erläutert.

Während es bei der Aufstellung des bisherigen Teilflächennutzungsplans „Windkraft“ noch zahlreiche Ausschlusskriterien wie Waldflächen, Sichtbeziehungen oder vor allem die Naturparkflächen gegeben habe, rechne man nach der Neuüberprüfung durch ein Planungsbüro möglicherweise mit zusätzlichen Flächenpotenzialen für Windkraft, so Schütte. Die Zeit dränge, denn die entsprechenden Planungen müssten bis Februar 2024 abgeschlossen sein, sonst gelte weiter der bisherige Teilflächennutzungsplan.

„Die Zeit gebietet, das zu tun, was man tun kann.“

Auch der weist bereits 2,1 Prozent der Gemeindefläche der Stadt für Windräder aus – „wir erfüllen also bereits die Forderung“ von mindestens zwei Prozent, so Oberbürgermeister Josef Grienberger. „Aber die Zeit gebietet, das zu tun, was man tun kann.“ Städte wie München oder Ingolstadt hätten wohl kaum die Möglichkeit, die Quote zu erfüllen. So müsse ein Flächenlandkreis wie der Landkreis Eichstätt eben auch mehr tun. Dass man im Landkreis in Oberbayern bereits die Spitzenposition in Sachen Windkraft habe, zeige ja, dass sich der Landkreis gut eigne. In Eichstätt allerdings sei hier das Potenzial durch die Tallage eher schlecht, wie Schütte anhand eines Planes zeigte, der die Windpotenziale unter verschiedenen Gesichtspunkten in bunten Farben erläuterte – von blauen Flächen im Tal mit wenig, bis zu den roten Flächen in höheren Lagen und im nördlichen Gemeindegebiet mit höherem Windkraftpotenzial. Letztlich bliebe nur „der Berg“, so Grienberger.

Einstimmig stimmte der Stadtrat der Überprüfung des Plans zu.

Auch der Stadtrat begrüßte gestern fraktionsübergreifend die Neuplanung und damit verbundene mögliche Ausweitung der Potenziale. Willi Reinbold (ÖDP) etwa wies darauf hin, dass der südliche Landkreis unter anderem wegen der Nähe zum Flugplatz in Manching und dem Bundeswehrstandort in Neuburg derzeit beinahe komplett von der Windkraftnutzung ausgeschlossen sei. Insofern müsse auch der ländliche Bereich im Norden mehr tun – und das trotz aller Kritik an der Windkraft zudem mit einem möglichst breiten Konsens mit den Nachbargemeinden und den Bürgern. Man sei bereits im Gespräch mit den umliegenden Gemeinden bestätigte der OB. Parallel liefen ohnehin die Planungen des regionalen Planungsverbandes an, der die Windkraft eben nicht auf Gemeindeebene, sondern übergreifend für die Region plane. Dennoch wolle man selbst die Flächen aktiv planen und in Absprache möglichst im Konsens mit den anliegenden Gemeinden selbst aktiv werden – „und zwar eben nicht erst, wenn der regionale Planungsverband tätig wird“.

Christian Alberter wollte zudem wissen, ob der Prozess und die Planänderung auch rechtliche Konsequenzen zum Beispiel im Hinblick auf den geplanten Windpark nahe Buchenhüll mit den vier Windrädern zwischen Ziegelhütte und Buchenhüller Forst haben könne. „Rechtliche Fallstricke sehe ich keine“, erklärte Schütte dazu. Die Gemeinde behalte natürlich die Planungshoheit für die Gemeindefläche. Man wolle auch nicht auf Zeit spielen, sondern einfach noch einmal eine neue Planungsgrundlage auf der Basis der geänderten rechtlichen Vorgaben, stellte Grienberger klar. Der Änderungsbeschluss gebe der Stadt nun noch einmal die Möglichkeit einer sechsmonatigen Prüfung.

Die Tallage Eichstätts schränkt die Standorte stark ein. Lediglich die rot eingefärbten Flächen am Berg oberhalb von Eichstätt eignen sich im Gemeindegebiet.

2021 hätten Investoren Interesse an der Errichtung von Windrädern auf dem Gemeindegebiet bekundet, die dann im Oktober im Bauausschuss behandelt und im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 26. Oktober, einer „reinen Werbeveranstaltung“, wie er es nannte, öffentlich vorgestellt worden seien, erinnerte noch einmal Christian Alberter. Schon damals hätten besorgte Bürger auf die Position im Westwindbereich hingewiesen und nach Alternativen gefragt. Horst Bacherle (CSU) begrüßte die Neuplanung und fragte nach, ob man die Pläne der Investoren beeinflussen könne. Abgesehen von der Planungshoheit gehe es dabei vor allem um Grundstücksangelegenheiten, so Grienberger.

Rund 50 neue Windräder im Landkreis für Klimaneutralität

Damit das Ziel der Kliamneutralität bis 2035 oder sogar früher gelinge, brauche es neben PV-Anlagen vorerst rund 50 neue Windräder im Landkreis, hat das Energiebündel Eichstätt errechnet, wie dessen Vorsitzender Bernd Weber erst vor wenigen Tagen erneut im Energie- und Umweltbeirat des Landkreises bestätigt hat – inklusive der üblichen Standortdiskussionen. Der Landkreis will zudem Landkreiswerke schaffen, um die Landkreisgemeinden bei der Energiewende zu beraten und möglicherweise mittel- bis langfristig auch selbst Bürgerwindräder auf den Weg zu bringen, um die Wertschöpfung im Landkreis zu halten und die Bürger zum Beispiel auch an den Windrädern zu beteiligen, so Landrat Alexander Anetsberger in der Sitzung des Natur- und Umweltausschusses am Mittwoch. Letzteres aber sei noch Zukunftsmusik.

Die Energiewende ist und bleibt eine Herausforderung. Aber je fundierter die Datengrundlage und je mehr im Vorfeld gemeinsam über Probleme und Chancen gesprochen wird, desto schneller und reibungsloser wird sie wohl verlaufen. Die Stadt Eichstätt schafft mit der Neuplanung nun eine aktualisierte Datengrundlage. Die Sorgen der Buchenhüller wird das nicht schmälern. Aber vielleicht, so die Hoffnung auch der anwesenden Ortsteilbewohner, könne die Neuplanung auch neue Spielräume für einen anderen Standort für die von der Primus Energie GmbH aus Regensburg geplanten vier Windräder ergeben. Stephan Zengerle

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