EventKulturLebenPanoramaTopthema

Abschied mit Aiwanger: Lina-Bockbierfest-Ära endet launig

„Eichstätter Nockherberg“ geht unter neuer Regie weiter – „Statt Tee um Five o’clock, lieber Hofmühlbock“

Eichstätt. – Es war gestern Abend ein letztes Prosit und ein großer Abschied mit süffigem Bock in den typischen Steinzeugkrügen auf der Bühne: Sowohl Initiator und Veranstalter Bert Lina, als auch Dauergast Julius Beck in seiner Rolle als grantelnder Eichstätter „Stadttürmer“ kündigten beim Bockbierfest im Alten Stadttheater ihren Abschied von der „hochprozentigen Bühne“ an. Nach 18 Abenden mit rund 6.000 Gästen und sicher weit über 100.000 Lachern ist also Schluss für die beiden tragenden Säulen des Eichstätter Bockbierfestes – nach einem launigen Abend und einem gelungenen Finale mit gut aufgelegten „Gopperern X“, bei denen am Ende der ganze Festsaal zum Abschluss mitklatschte und mitgesang – am Freitag sogar der bayerische Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger. Ein schöner Abschied für einen sichtlich gerührten Bert Lina, der am Ende die Spenden der Benefizveranstaltung verkünden konnte.

Viel Applaus erhielten die Gopperer X für ihr beißendes Musikkabarett inklusive „Hitparade“. Fotos: Zengerle/Marb
Da lacht auch der stellvertretende Ministerpräsident: Hubert Aiwanger mit  Vroni Mayer als Putzfrau Resi und Adi Metz als Busfahrer Sepp und Parteikollegin Eva Gottstein (rechts).

Da lachten auch Bischof Gregor Maria Hanke und der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) kräftig mit. Nachdem im Vorjahr noch Horst Seehofer als Ehrengast gekommen war, war es diesmal der stellvertretende bayerische Ministerpräsident, der am Freitagabend beim Eichstätter Starkbieranstich dabei war – und sich ebenso wie das Kirchenoberhaupt bei einem süffigen Bockbier über das Derblecken der Politik amüsierte. Deutlich besser aber war die Stimmung gestern – auch wenn Ministerpräsident Markus Söder ausnahmsweise einmal nicht den Schatten der Eichstätter Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel, neben dem stellvertretenden gespielt habe – und sich vielleicht noch beim Schminken in der Garderobe aufhalte, so einer der Scherze beim „Stadtgespräch“ gestern.

Zuvor hatte die Eichstätter Stadtkapelle zum Auftakt aufgespielt und Bert Lina gestern zum letzten Mal die Gäste im voll besetzten Festsaal des Alten Stadttheaters begrüßt. 2014 hatte er die Tradition der humorigen Starkbieranstiche der „Fensterputzer“ der beiden Jahrzehnte zuvor wiederaufleben lassen – auf eine ganz neue Weise, mit verschiedenen Einlagen und nach der Coronazwangspause inzwischen in der neunten Auflage. Zum Abschluss lief nach zehn Jahren gestern Abend noch einmal alles rund: Die Stimmung war gut, das Bockbier schmeckte und das Anzapfen klappte in jeweils zwei bis drei Schlägen – am Freitagabend durch Landrat Alexander Anetsberger, gestern Abend durch Hofmühl-Bräu Stephan Emslander.

O’zapft is: Landrat Alexander Anetsberger und Bräu Stephan Emslander hatten keine Mühe beim Anzapfen, ehe an den beiden Abenden gemeinsam mit den Ehrengästen wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Bischof Hanke, der Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel, dem stellvertretenden Landrat Sven John, sowie Stadträtin Simone Zink und natürlich Veranstalter Bert Lina und seinen Sohn Dirk angestoßen wurde.

Nach einem gemeinsamen Prost konnte es – gekonnt moderiert von Linas Sohn Dirk – losgehen mit dem Derblecken. Den Anfang machte dabei ein weiteres Urgestein der Eichstätter Kulturszene und des Bockbierfestes: Julius Beck als ewig grantelnder Eichstätter „Stadttürmer“, der noch einmal ein wenig derber über Politik und Zeitgeist herzog als die letzten Jahre schon. „Statt Tee um Five o’clock, trink mer lieber an Hofmühlbock“ – unter diesem Motto konnte es losgehen mit seinem humorigen Plädoyer für die einfachen Leute: „I begrüß z’erst die wichtigsten im Saal – die Krankenschwestern und das Pflegepersonal“, sagt er wie gewohnt in Reimform. Die „Großkopferten“ seien später dran. Und die bekamen dann auch ihr Fett weg – vor allem die Politik in Berlin: „Da kriegst das kalte Grausen, in Berlin mit den Banausen“, polterte er nicht nur an dieser Stelle gegen die Ampel los. „Die meinen noch, das wär a Gaudi, für mi is des Blödheit – summa cum laude.“

„Von die Heiligen Drei König fehlt der Mohr, na ja, jetzt sind’s halt nur noch zwoa.“

Bei dem einen oder anderen derben Reim musste mancher schon schlucken – aber so ist das eben beim Bockbierfest. Da wird auch einmal ausgeteilt. Und es ist ja zumeist Humor – nur bei einem Thema wurde er ernst: „Von die Zeugen Jehovas jede Idee ist mir lieber wie der Schmarrn von der AfD. „Ich sag es euch mit einem Satz – für die AfD ist für uns kein Platz“, sagte der Stadttürmer unter anderem ganz deutlich – gab sich ansonsten aber eher von der alten Schule und kritisierte kräftig den Zeitgeist von der Frauenquote über das Gendern, die Anglizismen oder die Geschlechterinflation. Überall werde gestreikt und demonstriert – und „manche sind noch größere Deppen, die sich auf die Straß hinbeppen“, sagte er mit Blick auf die sogenannten „Klimakleber“. Da kämen die Bauern mit den Traktoren dann gar nicht mehr durch. Wörter wie „Zigeunerschnitzel“ oder „Mohr“ dürfe man nicht mehr sagen – mit entsprechenden Folgen: „Von die Heiligen Drei König fehlt der Mohr, na ja, jetzt sind’s halt nur noch zwoa.“

Den Finger in die Wunde legte Julius Beck bei seinem letzten Auftritt als „Stadttürmer“. Dazwischen gab es humorige „Werbeblöcke“ (Foto unten).

Dazwischen gab es wie in den letzten Jahren seine „Werbeblöcke“: „Hofmühl-Bock in der Bratensoße, da rumpelt’s in der Unterhose“. Oder: Bahnfahren mache glücklich und zufrieden. „Wohlfühlen sie sich bei uns sollen – wir kommen immer, wann wir wollen.“ Die Sendung „Kunst + Krempel“ sei „für Eichstätt ein Exempel“. Denn wie in der BR-Serie gehöre auch in Eichstätt so manches entrümpelt – inklusive Lokalpolitiker: „Jetzt hab ich den Verdacht den leisen, dass sie manchen Stadtrat mit dem Glump wegschmeißen“. Und für die Altmühlauen gebe es den Geheimplan für ein Dschungelcamp für die Stadtratsmitglieder: „Ich bin a Stadtrat, holt’s mich hier raus!“ Ansonsten aber kam die Lokalpolitik bei ihm noch recht gut weg. Der Eichstätter Kurier schreibe immer weniger, dafür würden Bilder von Blumen, Kommunionkindern immer mehr – oder vom Tittinger Pfarrer. Der sei damit so etwas wie der legitime „Nachfolger vom Reinhard Eichiner“ (d. Red.: Kreisrat und ehemaliger Bezirksrat). Auch Persönlichkeiten aus anderen Gemeinden und aus dem Publikum traf am Freitag und gestern Abend so mancher Spott.

„Macht’s ins Spital an Swingerclub“

Bei so viel negativen Gefühlen brauche es aber auch positive Perspektiven, fand der Stadttürmer. Gegen die Leerstände in der Eichstätter Innenstadt habe er schon eine Lösung parat: „Ich will leisten an Vorwärtsschub, macht’s ins Spital an Swingerclub“, sagte er unter großem Gelächter. „Was wir brauchen auf alle Fäll’ ist in der Altstadt ein Bordell“, reimte er weiter. „Geeignet wär das Burgtheater mit einem großen Nutten-Geschwader“ – man müsse schließlich etwas für den Tourismus tun. Und auch die Dombaustelle werde endlich fertig, es gehe also voran.

Deutschland sei in der Pisastudie unter Schülern allerdings auf dem letzten Platz – „des kimmt von der Handyspielerei – den ganzen Tag schauen’s da nei“ und hätten dann „koan Bock“ mehr zum Arbeiten. Da brauche es an mancher Stelle mangels Hirn dann doch vielleicht künstliche Intelligenz. „Wir müssen umkehren“, forderte er zum Abschluss seiner Ära als Stadttürmer. „Um zwölfe isses z’spät, es is kurz vor Neune“. Und so wünschte er sich bei aller Aufregung und Kritik auch, dass die Menschen sich wie an diesem Abend wieder zusammenrauften und gemeinsam lachte. Und: „Des war unser größter Sieg: auf der ganzen Welt koa oanziger Krieg“. „Als Stadttürmer geh ich jetzt in Rente, ich erwarte keine Komplimente. Ich bin der Julius, und bei euch war i dahoam“, rief er nach einem letzten Prost in den Saal, ehe er von der Stadtkapelle mit seinem Sohn Markus an der Spitze mit seinem Lieblingsmarsch „Von der Tann“ aus dem Saal gespielt wurde.

Dann war das Stadtgespräch mit Putzfrau Resi (Vroni Mayer) und Busfahrer Sepp (Adi Metz) dran. Wo denn der Söder sei, fragten sie Tanja Schorer-Dremel gestern. Der sei ja schließlich so etwas wie ihr Schatten. „Überall, wo sie fotografiert wird, steht der Söder hinter ihr – der suhlt sich doch in ihrer Prominenz.“ Aber wenn es denn stimme, dass sich Politiker immer auf den Platz setzten, wo sie auch hinwollten, dann sitze die stellvertretende Generalsekretärin der CSU falsch: nämlich nicht auf dem Platz des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger vom Vortrag, sondern auf dem Platz, wo tags zuvor der Bischof gesessen sei.

Wo war ihr Schatten Markus Söder? Tanja Schorer-Dremel beim Stadtgespräch mit Putzfrau Resi (Vroni Mayer) und Busfahrer Sepp (Adi Metz).

Vom Stadtrat seien wenige da, stellte das Duo fest: Beim „Zwitscher-Willi“ (Reinbold) sei das klar. Der laufe gerade sicher irgendwo im Wald herum und versuche, die Wölfe in der Gegend zu überreden, niemanden zu beißen. Dafür waren Susanne Reuter und Simone Zink (beide Grüne) gestern da, die als Mitglied des Trachtenvereins und mit ihrem schwarzen Dirndl als Grüne ja heute auffällig nah bei den „Schwarzen“ der CSU sitze – dazwischen sei immerhin noch der stellvertretenden Landrat Sven John (SPD). Aber Putzfrau Resi ist das sowieso egal – schließlich wolle sie bei der nächsten Wahl sowieso mit ihrer eigenen Partei antreten: der EMBW – Eichstätt Muss Besser Werden“. Sie habe schon vorgesorgt und die Mehrheit sei vorprogrammiert: Schließlich habe sie schon mindestens fünf amtierende Stadträte in der Tasche.

„Liquide-Meiers-Stadion“ für den VfB

Und auch der Busfahrer Sepp sei ja als Kandidat für die Kommunalpolitik geeignet: „Du wärst ideal: ned so ganz klarer Verstand, aber klare Worte“. Aber immerhin dürfe der „Joe“ Grienberger als OB weitermachen – außer Schorer-Dremel wäre mit ihrem Ministerpräsidenten nicht ausgelastet. Aber da sei es wie in jeder Beziehung auch: „Die Männer ham die Hosen an, aber die Frauen sagen, welche“, so die Taktik der Resi.

Auf jeden Fall müsse sich in Eichstätt etwas bewegen, sonst schlafe man im Stadtrat wieder ein – zum Beispiel im Sport: Der VfB Eichstätt – dieses Handballteam, oder war es doch Fußball – brauche ein neues Stadion, um irgendwann in der Bundesliga spielen zu können. Aber da gebe es schon eine Lösung: Der „Schampusmeier“ – gemeint war die Baufirma Martin Meier – kaufe einfach alle freien Grundstücke auf der unbeliebten Eichstätter Seite des Gewerbegebiets oben am Berg und stelle da ein Stadion für 40.000 Zuschauer hin. Aus dem bisherigen „Liqui-Moly-“ werde dann ein „Liquide-Meiers-Stadion“.

Anschließend nahm sich Julius Beck noch einmal eine Auszeit von seiner Rente als Stadttürmer – und stimmte ein Lied auf die „Haderlumpen“ an, bei dem am Samstagabend kräftig mitgeklatscht wurde: „Du vertraust dein Geld einem Ehrenmann an, weil er sagt, dass er es so leicht vermehren kann. Aber während du bei deiner schweren Arbeit schwitzt, hat er dein Geld verblitzt“, sang Beck lautstark – „Der Satz passt genau auf das bischöfliche Ordinariat“ – der Bischof lachte am Freitagabend trotzdem selbst mit.

Als Stimmungskanonen erwiesen sich die Gopperer X mit ihrer Hitparade.

Stimmungsvoller Höhepunkt des Abends war dann der Auftritt der Gopperer X, die mit neuem Liederrepertoire und der von Stefan Wagner als Dieter Thomas Heck launig moderierten „Hitparade“ mit umgedichteten Schlagern über das Leben in Eichstätt: „Es pulsiert, in der Stadt pralles Leben. Und der Sellinger hockt drin im Dom beim Beten“, sangen sie zur Melodie von „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ von den Nielsen Brothers. Oder „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“ (Henry Valentino & Uschi) – und zwar über den Residenzplatz und mit Folgen: „Die Straße ist echt ein Graus und schon hat’s ihr den Auspuff hinten nausg’haut“. Natürlich durften auch ein paar Gopperer-Klassiker nicht fehlen wie „Nimmst’as z’ruck“ – unter anderem über einen Anruf von Petrus, der die Schwiegermutter wieder abgeben möchte: „Nimmst’as z’ruck, weil der Herrgott a scho schluckt“. Und zum Schluss gab es natürlich die „Gopperer-Hymne“. Aber auch ein paar ganz neue Lieder kamen beim Publikum bestens an. „I hab mei Reischerl, weil i a Bua aus Eichstätt bin. I hab mei Reischerl, i bin guad drauf. Ich brauch mei Halbe als Medizin, weil i a Bua aus Eichstätt bin.“

Und dann war Schluss mit der „Bockbierfest-Ära“ von Bert Lina, bei dem sich Bräu Stephan Emslander bedankte. Er versicherte gegenüber Ei-live aber, dass es auch im kommenden Jahr weitergehen werde. Noch einmal aber konnte Lina nach einem launigen Abend mit ausschließlich ehrenamtlichen Teilnehmern noch  die Empfänger der Spenden aus dem Erlös vermelden: Die gehen an den Sozialfonds Nachbar in Not und die Jugendarbeit der Stadtkapelle Eichstätt (Stephan Emslander), die Malteser Herzenswunsch-Aktion (Gudula Hausner-Bittl und Helga Lina), das Sozialprojekt „Hand in Hand“ (Gopperer X), den Kinderschutzbund Eichstätt (Vroni Mayer und Adi Metz), die Musikschule Eichstätt (Julius Beck), die Bläsergruppe der Knabenrealschule Rebdorf (Markus Beck), die Jugendarbeit der Jura-Blaskapelle Pollenfeld (Hans Marb und Edgar Mayer), die Jugend der DJK Eichstätt Basketball (Dirk und Bert Lina) sowie den Sozialfonds der Stadt Eichstätt (Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt) – und auch Aiwanger hat angekündigt, dass er noch 100 Euro spenden wolle, verriet Lina. Insgesamt könnten 6.000 bis 7.000 Euro zusammenkommen, hofft er. Und so ganz verabschiedet er sich dann vielleicht doch nicht. Er stehe weiter beratend als Teil des Teams zur Verfügung, so Lina. Wer die Organisation und Regie der zehnten Auflage im kommenden Jahr übernehme, aber sei noch nicht klar, so Lina und Stephan Emslander. Den Bock und das Derblecken aber solles auch nächstes Jahr wieder geben.

„Auf der Bruck, da liegt der Grienberger“: Ausverkaufter Eichstätter Starkbieranstich

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"